Open Access 03.03.2023 | Die Mädchensprechstunde
Die Häufigkeit eines Tubenverschlusses bei Frauen mit polyzystischem Ovarialsyndrom
Erschienen in: Gynäkologie in der Praxis | Ausgabe 1/2023
Das polyzystische Ovarialsyndrom (PCOS) ist die häufigste weibliche hormonelle Erkrankung im reproduktiven Alter und eine häufige Ursache für weibliche Subfertilität [1]. Da hormonelle Veränderungen die Tubensekretion beeinflussen, wurde die These aufgestellt, dass subfertile Frauen mit PCOS eine geringere Durchgängigkeit bzw. vermehrt Verschlüsse der Eileiter haben. Zur Überprüfung dieser These haben wir eine Studie zur Prävalenz eines Eileiterverschlusses bei Frauen mit PCOS durchgeführt. Zur tatsächlichen Prävalenz der Eileiterobstruktion bei Frauen mit PCOS gibt es nur wenige Studien, welche jedoch darauf hinweisen, dass der bilaterale Eileiterverschluss zwischen 4 und 8 % bei subfertilen PCOS-Patientinnen liegt [2, 3].
In unserer retrospektiven Studie wurden 216 Frauen im Alter von 18 bis 40 Jahren eingeschlossen, die an Unfruchtbarkeit litten und bei denen ein PCOS anhand der revidierten Rotterdam-Kriterien [4] diagnostiziert wurde. Hierbei wurde Hyperandrogenismus als ein Testosteronspiegel > 0,48 ng/ml und/oder das Vorliegen von Hirsutismus definiert [4]. Oligo‑/Anovulation wurde anhand des Vorliegens von Oligo‑/Amenorrhö diagnostiziert, also einer Zykluslänge von mindestens ≥ 35 Tagen in den letzten 3 Monaten. Eine polyzystische Ovarmorphologie (PCOM) wurde sonographisch beurteilt und durch eine Follikelanzahl pro Ovar (FNPO) > 12 und/oder ein Ovarialvolumen ≥ 10 cm3 und/oder eine Ovarialfläche ≥ 5,5 cm2 definiert [5]. Frauen, die eine PCOS-spezifische Medikation erhalten hatten, wurden ausgeschlossen, um eine Verzerrung durch die Einbeziehung von Frauen, die erst nach einer Ovulationsinduktion schwanger werden konnten, zu verhindern. Frauen mit schwerer Dysmenorrhö wurden ebenfalls ausgeschlossen, was das Vorhandensein einer Endometriose im fortgeschrittenen Stadium und einen Tubenverschluss aufgrund dieser unwahrscheinlicher macht.
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Außerdem haben wir das PCOS zur besseren Untersuchung der verschiedenen Ausprägungen in die folgenden Phänotypen eingeteilt:
A.
Klinischer/serologischer Hyperandrogenismus + Oligo‑/Anovulation + PCOM
B.
Klinischer/serologischer Hyperandrogenismus + Oligo‑/Anovulation
C.
Klinischer/serologischer Hyperandrogenismus + PCOM
D.
Oligo‑/Anovulation + PCOM
Dabei konnten wir die Phänotypen A, B, C und D bei 69 (31,9 %), 52 (24,1 %), 46 (21,3 %) bzw. 49 (22,7 %) Patientinnen feststellen.
Die Durchgängigkeit der Eileiter wurde mittels Hysterosalpingographie (HSG), Hysterosalpingokontrastsonographie (HyCoSy) und laparoskopischer Chromopertubation bei 171 (79,2 %), 28 (13,0 %) bzw. 17 (7,9 %) Frauen untersucht, die wie zuvor veröffentlicht durchgeführt wurden [6‐8]. Hier konnten wir eine bilaterale Durchgängigkeit bei 193 Frauen (89,4 %), eine unilaterale Durchgängigkeit bei 13 (6,0 %) und einen bilateralen Verschluss bei 10 (4,6 %) Patientinnen feststellen. Die Prävalenz des Eileiterverschlusses unterschied sich nicht zwischen den drei verwendeten diagnostischen Methoden.
Anhand von univariaten logistischen Regressionsanalysen haben wir nun mögliche Faktoren untersucht, die mit dem Vorhandensein eines Eileiterverschlusses (ein- oder beidseitig) in Zusammenhang stehen. Dabei konnten wir feststellen, dass die Phänotypen C und D im Vergleich zu den anderen Phänotypen ein geringeres Risiko für einen Tubenverschluss aufwiesen. Außerdem zeigte sich, dass der PCOS-Phänotyp A, also der Phänotyp mit Ausprägung aller Rotterdam-Kriterien, im Vergleich zu den anderen Phänotypen mit einem signifikant höheren Risiko für Eileitererkrankungen verbunden zu sein scheint.
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Die Therapie der ersten Wahl bei PCOS-Patientinnen mit anovulatorischer Infertilität ist die Stimulation der Eierstöcke mit Letrozol oder Clomifencitrat (gegebenenfalls nach einer Gewichtsabnahme). Eileiterdurchgängigkeitstests bei diesen Patientinnen sollten laut der Empfehlung des Internationalen PCOS-Netzwerks erst nach Abwägung von Risiken, Nutzen, Kosten und Zeitpunkt erfolgen [9]. In unserer Arbeit konnten wir jedoch zeigen, dass 12,4 % (21/170) der Patientinnen mit anovulatorischer Infertilität einen ein- oder beidseitigen Eileiterverschluss aufwiesen, was höher als die 10,6 % (23/216) der ein- oder beidseitigen Eileiterverschlüsse unserer Gesamtpopulation ist. Diese Werte könnten dazu dienen, PCOS-Patientinnen über den möglichen Nutzen einer Eileiteruntersuchung vor der Ovulationsinduktion aufzuklären.
Zusammenfassend deuten unsere Daten darauf hin, dass 4,6 % der unfruchtbaren Frauen mit PCOS auch einen bilateralen Eileiterverschluss haben, was der Rate bei nicht subfertilen Frauen entspricht [10]. Die Tatsache, dass ungefähr 11 % der Teilnehmerinnen einen ein- oder beidseitigen Tubenverschluss aufwiesen, sollte Frauen mit PCOS dahingehend beruhigen, dass ihre hormonellen Störungen ihr Risiko für eine Tubenfaktorsubfertilität nicht zu erhöhen scheinen.
S. Ghobrial gibt an, dass kein Interessenkonflikt besteht.
Für diesen Beitrag wurden vom Autor keine Studien an Menschen oder Tieren durchgeführt. Für die aufgeführten Studien gelten die jeweils dort angegebenen ethischen Richtlinien.
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