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Ärzte Woche

21.02.2023

Die Anästhesie setzt grüne Segel

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Nachhaltig und ressourcenschonend ist das Ziel der neuen Arbeitsgruppe der Österreichischen Gesellschaft für Anästhesiologie, Reanimation und Intensivmedizin. Sie bezieht Position und zeigt Themenbereiche auf, wie das eigene Fach zum Klimaschutz beitragen kann.

Weltweit stellt der Klimawandel auch die Gesundheitssysteme vor eine der größten Herausforderungen und gleichzeitig ist die moderne Medizin auch Mitverursacher. Es ist daher aus ärztlicher Sicht zwingend nötig, neue Wege zu beschreiten. „Der Einsatz von Narkosemitteln ist neu zu definieren und wiederverwertbare Modi sind wesentlich. Natürlich ist das nur ein Teil unserer Positionen. Energiesparmaßnahmen, eine Optimierung des Medikamentenmanagements wie auch eine gezieltere Abfallentsorgung spielen in unserem Positionspapier eine Rolle“, erläutert Prof. Dr. Walter Hasibeder, Präsident der Österreichischen Gesellschaft für Anästhesiologie, Reanimation und Intensivmedizin (ÖGARI). Er betont aber, dass es vor allem die Inhalationsanästhetika sind, die ein erhebliches treibhauswirksames Potenzial besitzen. „Daher vertreten wir die Position, dass wir weitestgehend auf Lachgas und Desfluran verzichten sollten. Nach derzeitigem Kenntnisstand kann eine Regionalanästhesie, also die gezielte Betäubung einzelner Körperregionen, für viele Eingriffe eine schonende und nachhaltigere Alternative oder sinnvolle Ergänzung zu einer Allgemeinnarkose darstellen.“

Recycling von Narkosegasen

In der Abteilung für Anästhesiologie und Intensivmedizin am Landeskrankenhaus Villach, geleitet von Dr. Ernst Trampitsch und Gründungsmitglied der ÖGARI-Plattform Nachhaltige Anästhesie , wurde bereits 2021 ein Green Team gegründet, welches sich seitdem erfolgreich mit dem Recycling von Narkosegasen beschäftigt. „Die Narkosegase sind seit vielen Jahrzehnten bewährte und für unsere Patienten äußerst sichere Anästhetika. Sie sind allerdings Fluor(chlor)kohlenwasserstoffe und dadurch – in unterschiedlichem Maße – hochpotente Treibhausgase. Im Kyoto-Protokoll von 2005 wurde eine Reduktion halogenierter Kohlenwasserstoffe vereinbart und in Kigali wurde 2016 ein weltweiter Verzicht bis zum Jahre 2035 unterzeichnet. Die volatilen Anästhetika wurden jedoch als medizinische Substanzen von diesem Protokoll ausgenommen. Die Narkosegase sind die einzigen halogenierten Kohlenwasserstoffe, die in der Atmosphäre in steigender Konzentration nachweisbar sind. Erstaunlicherweise konnten diese Kohlenwasserstoffe sogar schon in der Atmosphäre über der Antarktis nachgewiesen werden“, sagt Trampitsch.

Dank industrieller Interventionen ist es heute möglich, mit Aktivkohlefiltern die Narkosegase zu adsorbieren und in weiterer Folge zu recyceln. Das adsorbierte Gas wird mittels Wasserdampfs von der Aktivkohle verdrängt und das Desorbat anschließend destillativ aufgereinigt und wiederverwendet. Das LKH Villach ist das erste Krankenhaus in Österreich mit einer solchen technischen Möglichkeit des Recyclings. Weitere Kliniken haben bereits nachgezogen oder planen einen Umbau.

Lebenszyklusanalyse der Produkte

Nachhaltigkeit in der Intensivmedizin und Anästhesie ist ein vielseitiger Themenbereich. „Eine unserer Forderungen geht an die Hersteller von Medizinprodukten und Medikamenten. Die jeweiligen Produkte sollen Angaben einer vollständigen Lebenszyklusanalyse aufweisen. Damit können wir als Nutzer rascher überblicken, welche Umweltbilanz das jeweilige Produkt hat und bestimmte Prozesse nachhaltiger gestalten“, sagt Prof. PD Dr. Janett Kreutziger von der MedUni Innsbruck, Leiterin der Arbeitsgruppe Nachhaltigkeit in Anästhesie und Intensivmedizin der ÖGARI.

„Weitere Anliegen der ÖGARI sind eine Reduktion des Abfalls und die Forcierung eines konkreten Energiemanagements innerhalb der Abteilungen. Die Verwendung von Einwegmaterialien machen im Krankenhaus ein großes Abfallvolumen aus. Sofern umwelttechnisch sinnvoll, sollen Mehrwegmaterialien diese verdrängen, damit sind etwa wiederverwertbare Textilien wie sterile Mäntel, Abdecktücher und dergleichen, aber auch häufig verwendete Geräteteile oder bestimmte medizinische Instrumente gemeint. Bislang waren Kostengründe wie auch hygienische Vorgaben bei der Anschaffung und Verwendung ausschlaggebend. Nun soll auch der Umweltgedanke einbezogen werden“, sagt Kreutziger.

ÖGARI Plattform Nachhaltigkeit

Anästhesie-Nachrichten - Anästhesiologie, Intensiv-, Notfall-, Schmerz- und Palliativmedizin 

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Metadaten
Titel
Die Anästhesie setzt grüne Segel
Publikationsdatum
21.02.2023
Zeitung
Ärzte Woche
Ausgabe 10/2023

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