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Ärzte Woche

16.10.2022 | Dermatologische Therapieverfahren

Schafft mir endlich diese Tattoos vom Leib

verfasst von: Bettina Rümmelein

Wie die Zahl der Tätowierungen steigt, so steigt auch die Anzahl derer, die ihre Tätowierungen wieder entfernen lassen möchten. Die Technik der ersten Wahl ist hierfür die Behandlung mit Q-Switched Nano- oder Picosekundenlasern. Das technische Prinzip ist die selektive Fotothermolyse, das Ziel die vollständige Entfernung.

Wenn man die laserbasierte Tattooentfernung mit anderen Methoden wie Milchsäureinjektionen, Ätzmethoden oder Dermabrasionen vergleicht, ist sie zweifellos das beste und nebenwirkungsärmste Verfahren. Leider gelingt es jedoch oft nicht, die Tätowierungen mit den technisch ausgereiften Nano- oder Picosekundenlasern wirklich vollständig und narbenlos zu entfernen. Woran liegt das und was kann man optimieren?

Arten von Tätowierungen

Die Geschichte der dekorativen Tätowierungen ist Tausende von Jahren alt und Tattoos erfreuen sich zunehmender Beliebtheit. In Italien etwa liegt die Tätowierungsrate in der Bevölkerung bei mittlerweile 48 Prozent. Neben den klassischen Schmucktätowierungen gibt es auch das Permanent Make-up (kosmetische Pigmentierung) sowie eine Reihe medizinischer Gründe für Tätowierungen:

- Im Rahmen von Brustrekonstruktionen nach einer Mastektomie können die Brustwarze und die Areola gezeichnet werden.

- Tattoofarbe wird auch als Camouflage bei Hypopigmentierungen von Verbrennungsnarben eingesetzt. Des Weiteren kann eine Tätowierung zur Überdeckung von Narben angebracht werden.

- In der Radioonkologie werden kleine Tätowierungen zur Markierung von Bestrahlungsfeldern genutzt. Diese werden von den betroffenen Patienten häufig als sehr belastend empfunden, da sie konstant an das Krankheitsgeschehen erinnern.

Was passiert bei einer Tätowierung?

Wenn die Tattoofarbe in die Haut eingebracht wird, sei es mit der klassischen Tätowiermaschine oder manuell, wie beispielsweise beim Microblading, dann bleibt die eingebrachte Farbe nicht nur in der Haut, sondern sie migriert über die Lymphbahnen in die regionären Lymphknoten. Dies kann zum Beispiel bei Melanom- und bei Brustkrebspatienten zu diagnostischen Schwierigkeiten führen.

Welche Risiken gibt es?

In erster Linie muss man an infektiologische Risiken denken: Farben können kontaminiert sein, über dem Verfallsdatum sein oder unzulässige Inhaltsstoffe enthalten.

Durch nicht sterile Nadeln können eine Reihe von Krankheiten übertragen werden wie Hepatitis. Durch unsauberes Arbeiten oder inkorrekte Pflege der frisch tätowierten Hautareale kann es zu lokalen Infektionen wie Impetigo, Furunkel oder Erysipel kommen. Durch die Hautverletzung während der Tätowierung können auch eine Reihe von Hauterkrankungen provoziert werden wie Herpes simplex, Herpes zoster, Psoriasis oder Lichen ruber planus.

Tätowierungen über Muttermalen sollten gänzlich unterlassen werden, da es danach unmöglich ist, diese zu beurteilen. Dass Tattoofarben Hautkrebs auslösen, konnte bisher nicht bestätigt werden.

Eine dänische Studie, auch bekannt als die „Beach Study“, ergab eine hohe Anzahl an sonnenlichtbedingten Reaktionen auf dunkle Tattoos, die sich in Form von Juckreiz und Schwellung zeigten. Diese Reaktionen wurden durch die höhere Absorption von Licht in dunklen Farben erklärt.

Reaktionen auf Tattoofarben sind häufig beschrieben, es gibt jedoch keine zuverlässigen Tests, um diese vorauszusagen. Die allergischen Reaktionen können mit einer Latenz von Wochen, Monaten und teilweise sogar Jahren auftreten. Hierbei unterscheidet man lokale papulo-noduläre Reaktionen, welche insbesondere auf schwarzer Farbe beobachtet werden, und plaqueartige Reaktionen, bei denen sich das gesamte gefärbte Areal flächig hebt. Die Haut zeigt hierbei häufig eine Schuppung (siehe Abb. 1) . Starke Entzündungszeichen deuten auf eine Allergie hin.

Der Wunsch nach Entfernung

Grundsätzlich gelingt eine narbenlose Entfernung nur, wenn man sich Zeit lässt. Tattooentfernung mittels Laser wurde erstmals Ende der 1960er-Jahre durchgeführt, damals aber noch unter Zurücklassen von Narben. Erst in den 1980ern wurde das Prinzip der selektiven Fotothermolyse beschrieben, wonach exogene Pigmente selektiv entfernt werden können. Um eine optimale Destruktion zu erreichen, muss das Zielchromophor schnell erhitzt werden. Die Pulsdauer muss kürzer sein als die thermale Relaxationszeit der Tattoopartikel. Da Tattoofarbenpartikel sehr klein sind, geht man von einer thermalen Relaxationszeit von weniger als zehn Nanosekunden aus.

Picosekundenlaser mit 532 nm, 694 nm, 755 nm und 1.064 nm Wellenlänge werden heute favorisiert. Mit dieser Auswahl kann ein weites Spektrum an Farben erreicht werden. Bei dunkleren Hauttypen ist der 1.064-nm-Nd:YAG (Neodym-Yttrium- Aluminium-Granat)-Laser die sicherste Option mit dem niedrigsten Risiko für permanente Hypopigmentierungen.

Für die Behandlung wird die Haut mit Chlorhexidin desinfiziert. Eine Vorbetäubung mit lokal anästhesierenden Cremes ist zu empfehlen. Der klinische Endpunkt ist eine grau-weiße Verfärbung, die durch die Bildung von Gasbläschen in der Haut entsteht. Da die Reaktion der Farbe auf den Tattoolaser nicht vorhergesagt werden kann, sollte insbesondere bei fazialen Pigmentierungen (z. B. Permanent Make-up der Lippen) immer ein Probelaser vorgenommen werden. Dieser sollte so gesetzt werden, dass er möglicherweise exzidierbar ist (siehe Abb. 2) .

Besonders die Farben Weiß, Hautfarben, Rot und Pink können mit einer paradoxen Verdunklung reagieren. Dies liegt an der ausgelösten Oxidierung der in der Farbe enthaltenen Eisenoxid-Partikel.

Die Ergebnisse können verbessert werden durch wiederholte Behandlungen im Abstand von 20 Minuten (R20-Methode) oder durch die Kombination verschiedener Laser mit verschiedenen Wellenlängen.

Bereits leichte Blutungen sind ein Zeichen für zu hoch gewählte Behandlungsparameter und erhöhen das Risiko für Narbenbildung und Fibrose, die eine vollständige Entfernung der Tattoofarbe unmöglich machen (siehe Abb. 3) .

Mit der Kombination von klassischen Tattoolasern mit fraktionierten ablativen Lasern lassen sich bessere Ergebnisse erzielen und insbesondere die Bildung von Blasen als Folge der Tattoolaserbehandlung deutlich reduzieren (siehe Abb. 4) .

In unserer Klinik haben wir bereits im Jahr 2012 das folgende Verfahren eingeführt: Zwei Behandlungen mit einem Q-Switched Nanosekundenlaser oder seit 2020 Picosekundenlaser im Abstand von circa 15 Minuten unter Luftkühlung. Direkt im Anschluss wird das gesamte Tattoo mit einem fraktionierten CO 2 -Laser in mittlerer Dosierung behandelt. Seit Einführung dieser Technik hat es in unserer Klinik keinen einzigen Fall von Blasenbildung nach Tattoolaser mehr gegeben.

2021 haben wir einen weiteren Behandlungsschritt eingeführt: Zwischen der ersten und zweiten Farbsprengung führen wir eine fünfminütige Lymphdrainage mit einem Stoßwellengerät durch, um den Abtransport der Farbpartikel zu fördern. Die Patienten empfinden diesen Behandlungsschritt als sehr angenehm und die Resorption der gebildeten Gasbläschen wird beschleunigt, sodass der zweite R20-Therapieschritt bereits nach fünf Minuten durchgeführt werden kann (siehe Abb. 5) .

Bei diesem Vorgehen handelt es sich um einen nicht wissenschaftlich untersuchten Behandlungsplan, der allerdings unseren Behandlungsablauf nochmals optimiert hat, von den Patienten sehr geschätzt wird und möglicherweise die Ergebnisse erneut verbessert.

Narbenlos noch nicht erreichbar

Gründe für Tätowierungen gibt es viele. Zwar besteht ein Bewusstsein für mögliche infektiologische Risiken, jedoch sind Themen wie die Migration von Farbe in die Lymphknoten, allergologische oder andere Reaktionen auf Tattoofarben den meisten nicht bewusst. Mit der steigenden Zahl an Tätowierungen nimmt auch die Zahl der Tattooentfernungen zu. Das Ziel einer narbenlosen und vollständigen Entfernung kann nicht immer erreicht werden, aber die sorgfältige Wahl der Dosierung und der Wellenlänge der eingesetzten Laser sowie ergänzende Methoden lassen uns diesem Ziel immer näherkommen.

Dr. C. Bettina Rümmelein ist als Dermatologin in der Dr. Rümmelein AG – House of Skin & Laser Medicine, in Kilchberg, Schweiz, tätig.

Der Originalbeitrag „Tätowierungen und ihre Entfernung – Nano- und Picosekundenlaser gängigste Methoden“ inklusive Literaturangaben ist erschienen in „ästhetische dermatologie & kosmetologie Ausgabe 4/2022“ DOI https://doi.org/10. 1007/s12634-022-1696-0 © Springer Verlag

Weitere Informationen:

https://doi.org/10. 1007/s12634-022-1696-0


Metadaten
Titel
Schafft mir endlich diese Tattoos vom Leib
Publikationsdatum
16.10.2022
Zeitung
Ärzte Woche
Ausgabe 42/2022

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