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Ärzte Woche

27.11.2019 | Dermatologische Therapieverfahren

Dermatologie

Im Kampf gegen die Hautdellen ein Stückchen weiter

verfasst von: Dr. Miriam Sonnet

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Neben Cremes, Stoßwellen und Radiofrequenz sind mittlerweile neue Verfahren zur Cellulitereduktion verfügbar. Studien zeigen erste positive Ergebnisse zu Polydioxanon-Fäden, Fillern und der verbesserten Subzision. Dennoch ist die Studienlage, wie bei älteren Methoden, dürftig.

Etwa 80 bis 90 Prozent der postpubertären Frauen haben eine Cellulite, die für viele Betroffene mitunter ein großes kosmetisches Problem darstellt. Die genaue Pathogenese ist noch nicht vollständig verstanden; Experten gehen aber davon aus, dass Faktoren wie Geschlecht, Genetik und Lebensstil zur Entwicklung der Hautunebenheiten beitragen.

Es gibt eine ganze Reihe von altbewährten Therapiemöglichkeiten: angefangen bei topischen Produkten, über Radiofrequenzwellen und Fillern bis hin zu Laserbehandlungen. Dabei unterscheiden sich die Methoden deutlich in ihrer Wirksamkeit. Ein großes Problem bei der Bewertung der Therapien ist das Fehlen von präzisen, reproduzierbaren Methoden, welche die Hautveränderungen quantifizieren können. Dennoch gibt es zahlreiche Studien, in denen ein gewisser Effekt demonstriert wurde.

Altbewährte Behandlungen

Massagen und topische Produkte. Eine der ältesten Therapien von Cellulite ist die mechanische Stimulation des Gewebes durch Massagen. Dabei sollen die subkutanen Fettzellen geschädigt und im Anschluss durch den Heilungsprozess gleichmäßiger aufgebaut werden. Bisher ist die Wirksamkeit dieser Methode nicht eindeutig geklärt. Die Cellulite verbessert sich zwar durch eine mechanische Gewebestimulation, dennoch fehlen randomisiert-kontrollierte Studien, welche die Effizienz belegen.

Topische Produkte können alleine oder in Kombination mit Massagen zum Einsatz kommen. Allen voran Methylxanthine (z. B. Aminophyllin, Theophyllin und Koffein) und Retinoide. Methylxanthine sollen die Lipolyse stimulieren und Phosphodiesterasen hemmen. Retinoide wiederum können unter anderem die epidermale Dicke der Haut verbessern, die Angiogenese stimulieren und die Anzahl aktiver Fibroblasten erhöhen. Auch für topische Wirkstoffe gibt es zahlreiche Studien, allerdings fehlen Langzeitdaten zur Wirksamkeit. Außerdem ist es fraglich, ob Cremes & Co. tatsächlich immer bis in diejenigen Hautschichten vordringen, in denen sie benötigt werden. Bestimmte Formulierungen können zwar die Kollagenproduktion verbessern und die Haut straffen, gegen Cellulite sind sie aber nur wenig effizient, denn dazu wäre ein extensives Fett-, Kollagen- und Bindegewebsremodelling nötig, das Cremes alleine nicht bewirken können.

Radiofrequenz und Lasertherapie. Therapien, die möglicherweise tiefere Hautschichten erreichen, sind Radiofrequenzwellen und Laser. Die Radiofrequenz arbeitet mit thermaler Energie, die in dermalen bzw. subkutanen Regionen ihre Wirkung entfaltet. Die erhöhte Temperatur im Gewebe denaturiert Kollagen, dieses wird anschließend neu gebildet bzw. remodelliert. Zusätzlich soll die Energie eine Lipolyse induzieren. Wenige Studien zur Radiofrequenz demonstrieren die Effizienz der Methode. Auch Kombinationen von Radiofrequenz mit z. B. Infrarotlicht und Suktion sind denkbar.

Laser wirken ähnlich wie Radiofrequenz, indem sie ihre Energie in die dermale/subkutane Schicht emittieren. Nicht invasiv ist der Einsatz des 1.064-nm-Nd:YAG-Lasers, dessen Wellenlänge die thermische Energie in tiefere Schichten bringen und somit eine Neubildung von Kollagen bewirken soll. Bisher steht der Nachweis einer Verbesserung der Orangenhaut noch aus.

Als effizienter zeigte sich der 1.440-nm-Nd:YAG-Laser. So kam es beispielsweise in einer Untersuchung sechs Monate nach der Lasertherapie bei 96 Prozent der behandelten Stellen zu einer Verbesserung der Celluliteerscheinung. Außerdem waren etwa 90 Prozent der Patienten und Ärzte mit dem Ergebnis auch sechs Monate nach der Behandlung zufrieden. Die Therapie mit dem 1.440-nm-Laser ist minimalinvasiv und zielt darauf ab, die Haut durch das Schmelzen von Fettgewebe zu glätten, Fibrose-Septen zu durchtrennen und dermales Gewebe durch die Anregung von Kollagenneogenese zu festigen.

Daneben setzen Dermatologen auf die Low-Level-Lasertherapie (LLL), die auf einer vermehrten Produktion von zyklischem Adenosinmonophosphat basiert. Dieses wiederum führt zu einer Zerstörung körpereigener Lipide in Adipozyten. Studien zeigen jedoch widersprüchliche Ergebnisse bezüglich der Wirksamkeit. Auch andere Geräteklassen wie der 915-nm-Diodenlaser in Kombination mit einer gerätegestützten Massage und LowLevel-650-nm-LED-Energie kommen zum Einsatz.

Es ist bisher nicht abschließend geklärt, ob Laser eine Cellulite tatsächlich effizient verringern können – bis auf den 1.440-nm-Laser, der die klinische Ausprägung tatsächlich verbessert. Allerdings stehen randomisiert kontrollierte Studien noch aus.

Stoßwellentherapie. Auch die Evidenz der Stoßwellentherapie ist noch nicht gesichert. Neben einigen Beobachtungsstudien wurde das Verfahren in mehreren randomisiert kontrollierten Untersuchungen getestet. Die Ergebnisse sind dabei nicht einheitlich. So demonstrierten drei Studien eine Wirksamkeit der Methode, bei zwei Studien konnten die Autoren keine signifikante Verbesserung der Haut feststellen. Daneben gibt es aber auch neuere Untersuchungen von Nassar und Hexsel, die durchaus einen positiven – wenn auch in der Studie von Nassar nicht signifikanten – Effekt zeigen. Bei der Stoßwellentherapie werden Druckwellen durch das subkutane Gewebe geleitet, die unter anderem eine Lipolyse und die Neokollagenese fördern, sowie den lokalen Blutfluss verbessern. Die Stoßwellentherapie löst eine ganze Reihe biologischer Prozesse aus. Interessant dabei ist eine Stammzellaktivierung, die möglicherweise auch bei der Cellulite eine Rolle spielen könnte.

Subzision. Bei der Subzision führt der Behandler eine Nadel 10–20 mm unter die Haut und bewegt sie fächerartig durch das Gewebe. Das löst fibröse Verbindungen und soll so eine Orangenhaut reduzieren. Die Methode ist zwar effizient, bringt aber Nebenwirkungen wie Schmerzen und blaue Flecken mit sich. Die Technik wurde kürzlich um ein Vakuum-assistiertes Gerät weiter entwickelt (siehe Abschnitt „Weiterentwicklung der Subzision“) .

Was gibt es Neues?

Neben diesen „herkömmlichen“ Behandlungen gibt es eine ganze Reihe von neuen Methoden, die eine höhere Wirksamkeit versprechen. Darunter sind u. a. die Injektion von Kollagenasen und dermalen Fillern, aber auch die Therapie mit PDO-Fäden und die Weiterentwicklung der Subzision erwähnenswert. Die Erfahrungen basieren jedoch auf einzelnen Studien, eine absolute Evidenz lässt sich daraus kaum ableiten.

PDO-Fadentherapie. Minimalinvasive Verfahren sind Trend bei zahlreichen schönheitschirurgischen Eingriffen und ihre Anwendung ist auch immer häufiger bei der Cellulite zu beobachten. Ein Beispiel ist das Fadenlifting, das bisher hauptsächlich im Bereich des Gesichts eingesetzt wird. Dabei platziert der Dermatologe die Fäden unter die Haut, um diese zu straffen. Tiefe Schnitte sind dafür nicht nötig. Neue Fäden sind resorbierbar und bestehen aus Polydioxanon. Werden sie korrekt in das subkutane Gewebe eingebracht, besteht kein Risiko für eine Narbenbildung.

Die Wirkung des Fadenliftings basiert auf einer Entzündungsreaktion, verursacht durch den mechanischen Reiz der in die Haut eingeführten Nadel und das Fremdmaterial. Dadurch kommt es zu einer Aktivierung von Fibroblasten und zu einer Einwanderung in das umliegende Gewebe. Die Kollagensynthese wird damit angeregt. Experten zufolge ist der Einsatz der PDO-Fäden dann sinnvoll, wenn die Haut erschlafft ist und kein zu großer Hautüberschuss vorliegt. Die Methode wird ambulant durchgeführt und dauert zirka eine Stunde.

Enzym löst Kollagenverbindungen, Filler glätten die Haut. Eine andere Wirkung hat die Injektion der vom Bakterium Clostridium histolyticum isolierten Kollagenase. Eine 1:1-Mischung aus Kollagenase I und II kann synergistische Effekte erzielen und Kollagen effizient hydrolysieren. Yang und Kollegen zeigten am Beispiel von Patienten mit Peyronie’s Krankheit, dass die Kollagenase sicher und wirksam angewendet werden kann. Den Effekt auf eine Cellulite wiederum demonstrierten Sadick und Kollegen in ihrer randomisierten Phase-II-Studie mit 375 Frauen, die unter moderater bis schwerer Cellulite litten. Sie erhielten bis zu drei subkutane Injektionen einer Kollagenase Clostridium histolyticum oder ein Placebo. Die Kollagenase verbesserte die Ausprägung der Hautdellen dabei effektiver als die Kontrollsubstanz. In weiteren Phase-II-Studien erwies sich eine Kollagenasemischung als gut verträglich. Die meisten Nebenwirkungen waren nur leicht bis moderat ausgeprägt und oftmals auf die Injektionsstelle beschränkt.

Neben der Kollagenase können auch Filler die Haut glätten, beispielsweise solche aus Calcium-Hydroxylapatit (CaHa) und Poly-L-Milchsäure. Diese wurden bisher zur Therapie von Narben genutzt, können aber auch Hautunregelmäßigkeiten verbessern. In einer retrospektiven Studie untersuchten die Autoren um Dr. Gabriela Casabona, ob die Kombination aus mikrofokussiertem Ultraschall (MFU-V) und einem CaHa-Filler Dellen effizient verringern kann. Dazu behandelten sie 20 Frauen zunächst mit einem MFU-V, auf den eine subdermale Injektion eines CaHA-Fillers folgte. Nach der Therapie kam es zu einer signifikanten Verbesserung der Orangenhaut, gemessen an der Celluliteschweregradskala. 90 Tage später zeigte die histologische Untersuchung eine erhöhte Neokollagenese bei denjenigen Frauen, die mit einer 1:1-Verdünnung des CaHA-Fillers behandelt worden waren. Die höchste Konversionsrate von Kollagen Typ II zu Kollagen Typ I nach drei Monaten trat bei Proben mit einer 1:1- und 1:0,6-Verdünnung auf (ohne folgende MFU-V-Behandlung).

Weiterentwicklung von Radiofrequenz und Subzision. Radiofrequenz und Subzision sind zwar keine neuen Methoden, sie wurden aber weiterentwickelt, um ihre Wirksamkeit zu erhöhen.

Die oberflächliche Radiofrequenz erreicht bei der Cellulite nur einen begrenzen Effekt. Neu ist hier der Einsatz von subkutanen Mikronadeln in Kombination mit Radiofrequenzwellen. In einer aktuellen Studie wurden 50 Probanden mit dieser Methode behandelt und damit nach einem sechsmonatigen Follow-up eine 93-prozentige Erfolgsrate erzielt. Der Erfolg der Therapie wurde dabei als eine Verbesserung von einem Punkt oder mehr auf Cellulitebewertungsskalen definiert. Die Methode ist sicher und effizient in der Langzeitbehandlung von Typ-II- und Typ-III-Cellulite, so das Fazit der Studie.

Bei der weiterentwickelten Subzision kommt ein neues Vakuumassistiertes Gerät zum Einsatz, mit dem die Behandlung kontrollierter erfolgen soll. Die Methode ist Erfahrungsberichten zufolge sehr effektiv und kann bereits nach einer Anwendung Hautdellen verringern. Eine Studie mit 55 Frauen zeigte, dass sich die Scores der Celluliteschweregradskala nach drei Monaten verbesserten. 85 Prozent der Probandinnen waren mit der Behandlung zufrieden, nach einem Jahr waren es sogar 94 Prozent. Auch im Langzeit-Follow-up scheint die neue Methode punkten zu können. Eine kürzlich erschienene Studie bestätigt diese positiven Daten. Hier zeigten sich 95,6 Prozent der Probandinnen schon drei Monate nach der Behandlung zufrieden mit den Ergebnissen; sie erreichten im Mittel eine Verbesserung von einem Punkt auf der Celluliteskala. Die Methode wurde im Jahr 2016 von der FDA zugelassen und ist ebenfalls in Europa (CE-Zeichen) verfügbar.

Neue topische Kombinationen. Zusätzlich zu diesen Verfahren gibt es eine ganze Reihe neuer Cremes mit verschiedenen Kombinationen an Inhaltsstoffen, die in Studien getestet werden. So auch eine Formulierung aus 13-prozentigem Natriumchlorid, Escin, Koffein und Beta-Sitosterol. Die prospektive Studie umfasste 20 Frauen mit einer Cellulite (Grad I bis III), die einmal täglich für insgesamt 60 Tage die Creme auf die betroffenen Hautpartien auftrugen. Der Oberschenkelumfang reduzierte sich nach 30 bzw. 60 Tagen um wenige Zentimeter (max. 2,1 cm). Auch die Orangenhaut verbesserte sich, gemessen an einer Punktereduktion auf der Orangenhaut-Severity-Skala.

In einer weiteren Untersuchung wurde die Wirksamkeit einer Creme überprüft, die u. a. Extrakte aus Rosmarin, Zimtapfel und der Rinde des Zanthoxylum enthält. Die Probandinnen berichteten über eine Verbesserung der Hauthydration. Außerdem war die Haut fester und elastischer. Hinsichtlich der Celluliteverringerung konnten die Pflanzenextrakte zwar ebenfalls punkten, sie waren aber nicht effizienter als eine herkömmliche Anti-Cellulite-Creme.  

Fazit

Die optimale Cellulitetherapie scheint bisher noch nicht zu existieren. Zwar sind die zahlreichen Therapieoptionen immer wieder Gegenstand von Studien und zeigen einen gewissen Effekt – dennoch gibt es bisher nur wenige Untersuchungen, vor allem randomisierte Kontrollstudien, die eine Wirksamkeit untermauern.

Der Originalartikel „Wie effektiv sind alte und neue Methoden der Cellulitetherapie“ inklusive Literaturangaben ist erschienen in „ästhetische dermatologie & kosmetologie 4/2019“ © Springer Verlag

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Metadaten
Titel
Dermatologie
Im Kampf gegen die Hautdellen ein Stückchen weiter
Publikationsdatum
27.11.2019
Zeitung
Ärzte Woche
Ausgabe 48/2019

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