Skip to main content
Ärzte Woche

30.03.2023

Der freie Fluss und seine Feinde

verfasst von: Martin Krenek-Burger

print
DRUCKEN
insite
SUCHEN

Alpenflüsse sind die ältesten Verkehrswege, über die wir verfügen. Sie tragen die ältesten Namen, die wir kennen. Und ihre Dynamik prägt das Geschick der Menschen, die an ihren Ufern leben, seit Jahrtausenden. Historiker Heinz Dopsch und Landschaftsökologe Heinz Wiesbauer haben die Geschichte der Ader Salzburgs recherchiert und beschrieben.

Anfang des 18. Jahrhunderts war die Untere Salzach eine mehrere hundert Meter breite Wildflusslandschaft mit ausgedehnten Kiesbänken und Auenwäldern.

Die Einführung zum Salzachbuch von Wiesbauer und Dopsch (†) öffnet ein Fenster in die versunkene vorindustrielle Zeit. Vor dem geistigen Auge des Lesers breitet sich die hochwasserführende Salzach ungehemmt in die umliegenden Wiesen, Wälder und Dörfer aus, reißt 100-jährige Weißpappeln und Schlagbrücken mit sich, unterspült die Ufer, verschluckt das eine oder andere Mühlrad, schüttet dafür aber stromabwärts neue Schotterinseln auf. Und schafft so neue Probleme.

Denn die ständig umgeschichtete Flusslandschaft führte zu langen Rechtsstreitigkeiten zwischen den Grundbesitzern. Die alten Schriftstücke und Prozessakten, zu denen auch Flusskarten gehören, sind für die Erforscher der frühen Flusslandschaften von unschätzbarem Wert. Sie zeigen u. a. die „Schlachten“, das sind hölzerne Uferverbauungen und Schutzdämme der frühen Neuzeit, mit denen die verzweifelten Bemühungen dokumentiert sind, die Schifffahrtsrinnen und Schiffsländen zu sichern sowie die ständig erodierenden Ufer zu stabilisieren.

Man erkennt auf diesen „Mappae“ längst verschwundene Altarme und das geführchtete „Kehrwasser“, gefährliche Wasserwirbel. Die Karten sind auch eine wichtige Quelle der Namenforscher. Schon in der Antike war die Salzach durch ihren Namen Ivarus eng mit der Stadt I(u)vavum, dem römischen Salzburg, verbunden. Im frühen Mittelalter war dann das Salz, das aus den Solequellen von Reichenhall gewonnen wurde, so wichtig, dass es zum Bruch mit der römischen Namenstradition kam: Der Fluss, die Stadt und später auch das Land erhielten deutsche Namen, die auf das Salz verwiesen: Salzach und Salzburg. Zum Transport des „Weißen Goldes“ wurde die Salzach als Wasserstraße genutzt. Die Macht der Salzburger Erzbischöfe, die ihrer Saline in Hallein den Vorrang sichern wollten, beruhte auf der Kontrolle des Flusses.

Selbst den Menschen, die an ihren Ufern leben, werden einige Salzach-Geschichten neu sein. Etwa, dass ihr Ursprung bis in die Neuzeit am Krimmler Kees lag, ehe er im 19. Jahrhundert zum Salzachgeier verlegt wurde. Seither führt die Krimmler Ache ein Eigenleben.




Info. Von Heinz Wiesbauer sind im Verlag Bibliothek der Provinz weiters erschienen: „Traun im Fluss“, „Die Ybbs“, „Die Traisen“

print
DRUCKEN
Metadaten
Titel
Der freie Fluss und seine Feinde
Publikationsdatum
30.03.2023
Zeitung
Ärzte Woche
Ausgabe 13/2023

Weitere Artikel der Ausgabe 13/2023