Crohn-Update: Operation oder Medikamente?
- Open Access
- 04.11.2025
- Originalien
Zusammenfassung
Der Morbus Crohn ist eine progressive voranschreitende Entzündung des Gastrointestinaltraktes, welche unbehandelt zu Perforationen, Abszessen, Fisteln und entzündlichen und narbigen Strukturen führen kann. Eine Heilung des Morbus Crohn ist nicht möglich.
Ziel der Behandlung ist eine Induktion einer Remission zur Verbesserung der Lebensqualität, zum Erhalt der Funktionalität des Verdauungstrakts und zur Vermeidung von Komplikationen wie Perforationen, Abszessen, Fisteln und Stenosen. Die medizinische Therapie des Morbus Crohn hat durch Einführung einer Vielzahl von Biologika und Januskinase(JAK)-Inhibitoren zur Behandlung des Morbus Crohn in der letzten Dekade deutliche Fortschritte erzielt. Trotz des frühen Einsatzes von Biologika in den letzten 10 Jahren konnte keine Reduktion einer notwendigen chirurgischen Intervention erzielt werden [1]. Indikationen für die Chirurgie sind therapierefraktäre Verläufe mit Versagen medikamentöser Therapien, Auftreten von Komplikationen wie Perforationen, Abszessen, Stenosen, Fisteln und Entwicklung von Neoplasien. Optimale zeitliche Planung unter Berücksichtigung der Entzündungsaktivität und des Ernährungszustands kann Komplikationen und umfangreiche Darmresektionen vermeiden.
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Die frühe Resektion eines betroffenen Darmsegments könnte zu hervorragenden kurz- und langfristigen Ergebnissen führen. Eine randomisierte kontrollierte multizentrische Open-label-Studie, der LIR!C-Trial, zeigte, dass eine frühe Resektion eines Ileumsegments < 40 cm nach Versagen einer konventionellen Therapie über 3 Monate mit Steroiden, Azathioprin, Thiopurinen oder Methotrexat vielversprechende Ergebnisse bei Patienten mit isoliertem Ileumbefall erzielen kann [2].
Wir diskutieren hier Argumente, die für eine frühe medikamentöse Therapie oder für eine frühe Segmentresektion sprechen, um eine Vielzahl diverser Therapieansätze personalisiert individuellen Patienten anbieten zu können.
Natürlicher Verlauf des Morbus Crohn
Der Morbus Crohn ist eine heterogene Erkrankung mit unterschiedlichen Krankheitsverläufen. Das IBSEN-Studienteam postulierte 4 unterschiedliche Krankheitstypen 5 Jahre nach Manifestation des Morbus Crohn. Dabei berichteten 24 % eine Abnahme der Symptomintensität, 3 % zeigten eine zunehmende Symptomintensität, 24 % klagten über kontinuierliche Symptome und 29% gaben schubweise auftretende Symptome an [3]. Die Einteilung durch das IBSEN-Studienteam beruht auf der Messung von Patient-Related Outcomes (PROM), in der den Teilnehmern Kurven vorgelegt worden waren, die die unterschiedlichen Symptomverläufe illustrierten. Biochemische Entzündungsmarker, endoskopische Aktivitätsscore und histologische Aktivitätsindizes, welche als sekundäre Endpunkte in aktuellen Studien erfasst werden, wurden nicht berücksichtigt. Eine Einteilung allein basierend auf PROMs ohne Berücksichtigung biochemischer, endoskopischer oder histologischer Daten könnte die tatsächliche Krankheitsaktivität unterschätzen. Die Studiengruppe schlüsselte die Kohorte nach Krankheitsmanifestation weiter auf. Es zeigte sich, dass 60 % der Patienten mit isoliertem Ileumbefall, 33 % der Patienten mit Kolonbefall und 28 % der Patienten mit Befall des Ileums und Kolons eine abnehmende Symptomintensität über 5 Jahre nach Krankheitsmanifestation hatten. Wenn 60 % der Patienten mit einem isolierten Ileumbefall einen Abfall der Krankheitsaktivität über 5 Jahre zeigen, ist eine frühe Ileumresektion bei einem Teil der Patienten mit isolierter Manifestation des Morbus Crohn im Ileum ein nicht notwendiger Eingriff. Paradoxerweise zeigten sich in der LIR!C-Studie keine signifikanten Unterschiede in Lebensqualitäts- und Aktivitätsscores 12 Monate nach laparoskopischer Ileumresektion im Vergleich zur Infliximabgruppe. Beide Gruppen hatten steigende Lebensqualitätscores im Vergleich zum Studieneinschluss mit schnellerem Anstieg in der Infliximabgruppe bedingt durch die Rekonvaleszenz nach laparoskopischer Ileumresektion in der Resektionsgruppe. Ob eine natürliche Abnahme der Symptomaktivität bei Zunahme von Lebensqualitätsscores in beiden Behandlungsgruppen in der LIR!C-Studie beigetragen hat, ist schwer zu interpretieren. Das Studienteam des LIR!C-Trials hat 5‑Jahres-Nachbeobachtungsdaten publiziert [4], welche zeigen, dass nur 22 % der Resektionsgruppe ohne medikamentöse Behandlung sind; 20 % der eingeschlossenen Patienten erhalten eine prophylaktische Therapie mit einem Immunmodulator, 26 % werden mit einem Anti-TNF-Antikörper und 32 % mit einer anderen medikamentösen Therapie behandelt. Eine Ileumresektion erhielten in der Infliximabgruppe 48 % der Patienten, bei 14 % ist die medikamentöse Therapie geändert worden, und nur bei 38 % der Patienten konnte Infliximab fortgeführt werden. Es stellt sich somit die Frage, was die beste Strategie zur Behandlung von Patienten mit isoliertem Ileumbefall und Versagen einer konventionellen medikamentösen Therapie nach 3 Monaten ist – früh zu resezieren oder medikamentös zu behandeln, insbesondere unter Berücksichtigung dessen, dass neue Therapien verfügbar sind und es mehr Möglichkeiten zur Überwachung gibt.
Hohe Effektivität neuer Biologika und JAK-Inhibitoren
Seit der Veröffentlichung des LIR!C-Trials haben sich die therapeutischen Möglichkeiten zur medikamentösen Behandlung durch Testung der Anti-IL-23-Antikörper Risankizumab, Guselkumab und Mirikizumab sowie des JAK-Inhibitors Upadacitinib in klinischen Phase-3-Studien deutlich erweitert. Insbesondere zeigen sowohl die IL-23-Antikörper wie auch Upadacitinib bei Individuen mit Morbus Crohn und Versagen einer Biologikavorbehandlung vielversprechende Induktions- und Remissionsraten. In der MOTIVATE-Risankizumab-Zulassungsstudie erreichten mehr als 40 % eine klinische Remission in Woche 12, definiert als ein CDAI < 150 oder eine Stuhlfrequenz < 2,8 und einen abdominellen Schmerzscore < 1 [5]. In MOTIVATE waren im Gegensatz zur ADVANCE-Induktionsstudie nur mit Biologika vorbehandelte Patienten zugelassen. Interessanterweise zeigten sich in ADVANCE mit Einschluss von Biologika-naiven und -vorbehandelten Patienten vergleichbare Induktionsraten wie in MOTIVATE, so dass Risankizumab eines der ersten Biologika ist, welche kein deutlich schlechteres Therapieansprechen in Biologika-vorbehandelten Patienten zeigen.
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Die identischen GALAXI-2- und GALAXI-3-Studien verglichen den Anti-IL-23-Antikörper Guselkumab mit einem Placebo- oder mit einem Ustekinumab(ein Anti-IL12/23-Antikörper)-Arm. Als primärer Endpunkt ist ein kombinierter Endpunkt gewählt worden, der aus klinischem Ansprechen, definiert als ein Abfall des CDAI um 100 Punkte oder als ein CDAI < 150 an Woche 12 und klinischer Remission definiert als ein CDAI < 150 an Woche 48 gewählt worden ist. Ungefähr die Hälfte der mit Guselkumab behandelten Patienten erreicht in GALAXI‑2 und GALAXI‑3 den primären Endpunkt. Klinische Remission in Woche 48 war in Biologika-erfahrenen Patienten niedriger als in Biologika-naiven Patienten. Biologika-erfahrene Patienten zeigten eine um 11 % höhere klinische Remissionsrate als mit Ustekinumab behandelte Patienten. Keine Unterschiede in klinischer Remission waren zwischen Guselkumab- und Ustekinumab-behandelten Patienten zu verzeichnen [6].
Mirikizumab ist in der VIVID-1-Phase-3-Studie untersucht worden, welche einen kombinierten primären Endpunkt definiert als eine Abnahme der Stuhlfrequenz und/oder eines abdominellen Schmerzscores um 30 % an Woche 12 und eine klinische Remission definiert als ein CDAI < 150 an Woche 52. Den primären Endpunkt erreichten 45 % der Patienten, die mit Mirikizumab behandelt wurden. Signifikante Unterschiede zwischen Biologika-naiven und -erfahrenen Patienten zeigten sich nicht. Signifikante Unterschiede zwischen Mirikizumab und Ustekinumab wurden nicht beobachtet [7]. Zusammenfassend besitzen die Anti-IL-23-Antikörper Risankizumab, Guselkumab bei Biologika-naiven und -erfahrenen Crohn-Patienten eine hohe Effektivität.
Der Januskinase-Inhibitor Upadacitinib demonstrierte in der U‑EXCEL mit Biologika-naiven und -erfahrenen Patienten und in U‑EXCEED, in die nur Biologika-erfahrene Patienten eingeschlossen worden waren, ein klinisches Ansprechen in Woche 12 (definiert als eine 30 % Abnahme der Stuhlfrequenz oder eines abdominellen Schmerzscores) in 49,5 % (U-EXCEL) und in 38,9 % (U-EXCEED). Anschließend wurden die Patienten in die U‑ENDURE-Erhaltungsstudie überführt, in welcher 37,3 % in der Upadacitinib-Behandlungsgruppe mit 15 mg und 47,6 % in der Gruppe mit 30 mg eine klinische Remission (definiert als ein CDAI < 150) erreichten [8].
Wenn man bedenkt, dass in der LIR!C-Studie 48 % der Infliximabgruppe im Verlauf eine Ileumresektion erhielt, lässt sich diskutieren, wie der Verlauf der Erkrankung nach Umstellung auf einen Anti-IL-23-Antikörper oder auf den JAK-Inhibitor Upadacitinib gewesen wäre. Es stehen nun Antikörper und JAK-Inhibitoren zur Verfügung, die nach Versagen auf eine Therapie mit einem Anti-TNF-Antikörper vielversprechende Ansätze besitzen. Wann das optimale Timing für mögliche operative Interventionen besteht, bleibt jedoch zu diskutieren.
Frühe intensive Therapie und enges Monitoring
Eine frühe intensive Kombinationstherapie führt zu höherer kortikoidfreier klinischer Remission eines Morbus Crohn, definiert als ein CDAI < 150, wie bereits die SONIC-Studie vor 15 Jahren berichtet [9]. Die kürzlich publizierte PROFILE-Studie bestätigte, dass eine frühe intensive medikamentöse Kombinationstherapie mit Infliximab und einem Immunmodulator zu höheren Remissionsraten nach einem Jahr führt. Ziel der PROFLIE-Studie war ursprünglich, die Bedeutung einer T‑Lymphozyten-RNA-Signatur als Biomarker für schwere Verläufe eines Morbus Crohn zu evaluieren. Die untersuchte RNA-Signatur in T‑Lymphozyten zeigte keinen klinischen Nutzen. Die Patienten wurden spätestens 2 Wochen nach Diagnose in zwei Gruppen randomisiert: eine Top-down-Gruppe mit einer Kombinationstherapie aus Infliximab und einem Immunmodulator. In der zweiten Grupper, der Step-up-Gruppe, wurden die Steroide ausgeschlichen. Beim ersten Schub nach Ausschleichen der Steroide wurde in der Step-up Gruppe erneut Steroide in Kombination mit einem Immunmodulator gegeben. Wenn hierunter ein zweiter Schub auftrat, ist Infliximab hinzugefügt worden. Die Top-down-Gruppe führte in 79 % zu einer steroidfreien und operationsfreien Remission, definiert durch klinische Beschwerdefreiheit mit Harvey-Bradshaw-Index (HBI) < 5 Punkte und Normalisierung der Entzündungswerte. Der Step-up-Ansatz führte nur in 15 % der Patienten zu einer steroidfreien und operationsfreien Remission nach 48 Wochen [10]. Patienten wurden sehr früh, bereits 12 Tage nach Diagnosestellung, in die PROFILE-Studie eingeschlossen. Die Swiss IBD Cohort Study zeigte eine mittlere Verzögerung der Diagnosestellung eines Morbus Crohn von 9 Monaten [11]. Je länger die Diagnosestellung dauert, desto grösser ist das Risiko des Auftretens von Stenosen und operativen Eingriffen [11]. Neben früherer Therapieinitiierung ist ein engmaschiges Monitoring der Patienten mit Erfassung klinischer Parameter wie Patient-Related Outcome Measures (PROMs), wo der IBD Control Fragebogen eingesetzt werden kann [12], biochemische Marker, wie das fäkale Calprotectin, Ultraschall des Darmes und endoskopische Untersuchungen zum Nachweis einer mukosalen Abheilung notwendig. Primäre Therapieversager sollten frühzeitig auf eine Zweitlinientherapie wie einen Anti-IL-23-Antikörper oder Upadacitinib gewechselt werden.
Würdigung der LIR!C-Studie aus Sicht des kolorektalen Chirurgen
Die Ergebnisse der LIR!C-Studie sind oben kompakt zusammengefasst. Die Frage nach dem Stellenwert einer frühen Operation ist anschaulich mit dem Bild des halb vollen oder halb leeren Glases zu umschreiben.
Während von Seiten der Gastroenterologie bei LIR!C bei den operierten Patienten nach 5 Jahren weiterhin knapp drei Viertel einer medikamentösen Therapie bedürfen, weisen ChirurgInnen zurecht darauf hin, dass über ein Viertel gänzlich ohne dauerhafte Therapie ist. Zu ergänzen ist noch, dass am diesjährigen Kongress der European Society of Coloproctology (ESCP) in Paris im September erstmals auch die 10-Jahres-Resultate in Form eines Abstracts präsentiert wurden. Auch nach 10 Jahren zeigte sich bei den initial operierten Patienten eine signifikant höhere Rate therapiefreier Remission von 36 % verglichen mit lediglich 12 % bei den Patienten im Infliximab-Arm.
Was sind nun die Stärken und Schwächen der LIR!C-Studie aus chirurgischer Sicht?
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Zu den grossen Stärken der LIR!C-Studie zählt sicher ihr inzwischen langes Follow-up. Während die meisten oben zitierten Medikamentenstudien – insbesondere bei den neuen Agents nur begrenzte Nachbeobachtungszeiträume von maximal einem Jahr abdecken, sind bei LIR!C inzwischen die 5‑Jahres-Daten publiziert [4], und die 10-Jahres-Daten werden in Kürze folgen.
Bei chronisch-entzündlichen Darmerkrankungen und Morbus Crohn im Besonderen ist aber vor allem der langfristige Verlauf entscheidend. Die 5‑ und auch die neuen 10-Jahres-Daten unterstützen die frühe Resektion aus unserer Sicht, weil die Patienten durch die Operation auch langfristig eine relevante Chance haben, komplett ohne weitere therapeutische Intervention zu sein.
Ein weiteres starkes Argument für die frühe Resektion bei isoliertem ileozökalem Crohn ist die Kosteneffektivität der Operation gegenüber der langfristigen medikamentösen Therapie. Bereits nach einem Jahr war die operierte Gruppe bei den direkten Gesundheitskosten im Mittel 8931 € günstiger als die Infliximab Gruppe. Und auch bei den gesamten sozialen Kosten (die ja initial durch die OP mit Krankenhausaufenthalt und Verdienstausfall für die Patienten in der Regel höher sind) war die Operation nach einem Jahr mit im Mittel 5729 € günstiger als die Therapie mit Infliximab.
Übersetzt man den Effekt auf Quality Adjusted Life Years (QALY) ist das Resultat dann völlig eindeutig:
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Die Wahrscheinlichkeit, dass die Resektion im Vergleich zu Infliximab kosteneffektiv ist, betrug 0,96 bei einer Zahlungsbereitschaft (WTP) von 0 € pro gewonnenem QALY und pro Punkt Verbesserung des IBDQ-Scores [13].
Für manche PatientInnen mag auch die Vermeidung von Medikamentennebenwirkungen bei der Entscheidungsfindung eine Rolle spielen. Die langdauernde Immunmodulatorische Therapie insbesondere mit TNF-α-Blockern wie Infliximab kann zu seltenen, aber gravierenden lymphatischen Neoplasien führen. Auch das Risiko für andere Krebserkrankungen, wie ein malignes Melanom, scheint erhöht. Auch wenn die relative Risikozunahme um das 2‑ bis 6‑Fache eindrücklich erscheint, ist aber festzuhalten, dass es sich insgesamt um außerordentlich seltene Events handelt [14].
Ein weiterer Aspekt ist, dass durch den Eingriff das Fortschreiten der Erkrankung durch die frühe Unterbindung und Entfernung des entzündlichen Fokus bei einem relevanten Teil der Patienten aufgehalten werden kann. Dies gilt in den am Kongress demonstrierten Daten besonders für jüngere PatientInnen, wo der Effekt der Operation besonders gross gewesen ist. Das heißt, besonders bei jungen PatientInnen mit der Präsentation eines auf die Ileozökalregion begrenzten M. Crohn sollte in unseren Augen daher die frühe Resektion als gute Alternative angeboten werden.
Nichtsdestotrotz weist die LIR!C-Studie auch relevante Limitationen auf. Es ist und bleibt die einzige RCT, bei der die medikamentöse Therapie „head to head“ mit einer Operation verglichen wurde. Das macht sie zwar besonders wertvoll, begrenzt aber auch zu einem gewissen Grad die Verallgemeinerbarkeit der Ergebnisse. In der Summe mit nur weniger als 70 Patienten in beiden Therapiearmen haben wenige Events einen grossen Einfluss auf die relativen Unterschiede. Ausserdem hat vor allem der medikamentöse Arm eine ausserordentlich hohe Rate von Crossover zu einer späteren Resektion (knapp 50 %). Das unterstützt zwar den Stellenwert der Chirurgie, ist aber nicht völlig typisch für dieses Patientengut, wo Operationen in 28–36 % der PatientInnen notwendig werden, nach 7 bzw. 10 Jahren [14‐16].
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Ein weiterer Aspekt ist natürlich auch, dass weiterhin zwei Drittel der Patienten auf eine Therapie und ein Teil der Patienten auch auf eine erneute operative Intervention angewiesen sein wird. Das Problem der Anastomosenrezidive ist trotz einigem initialem Enthusiasmus nach der Einführung der neuartigen Kono-S-Anastomose weiterhin nicht gelöst [17]. Zwar gab es hier eine monozentrische RCT, die deutlich niedrigere Anastomosenrezidivraten gezeigt hat, aber diese Ergebnisse konnten in rezenten multizentrischen Studien nicht repliziert werden [18]. Auch am diesjährigen ESCP wurden von Fabio Michelassi die Ergebnisse einer internationalen multizentrischen Studie vorgestellt, die enttäuschend hohe Anastomosenrezidivraten mit und ohne Kono-S-Anastomose bereits nach einem Jahr zeigte. Diese und andere Studien wie die MEErKAT-Studie oder das Spicy Trial, bei denen zusätzlich das Konzept der „close vs. extended mesenteric resection“ überprüft wurden, zeigen, dass wir bislang nur unbefriedigende Konzepte haben, um einen Rückfall proximal des resezierten Areals zu vermeiden [19, 20]. Weder spezifische Anastomosentechniken noch das Ausmass der Resektion scheinen dieses Phänomen wirklich zu beeinflussen. In diesem Kontext stellt sich die Frage, ob wir in Zukunft eventuell durch Konzepte in Analogie zur Onkologie mit einem quasi neoadjuvanten und adjuvanten Einsatz von immunmodulierenden Medikamenten die Ergebnisse der Chirurgie bei Morbus Crohn für einen grösseren Teil der PatientInnen verbessern können. Anstatt die Chirurgie als Therapieversagen zu verstehen, sollten kolorektale ChirurgInnen und GastroenterologInnen die vorhandenen Mittel in Kombination einsetzen. Wünschenswert wären in diesem Kontext zukünftige Studien, die solche Kombinationen gegeneinander und gegen die alleinigen operativen oder medikamentösen Therapien vergleichen.
Fazit für die Praxis
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Die LIR!C-Studie ist die bislang einzige randomisierte Studie, die die primäre immunsuppressive Therapie des Morbus Crohn mit der frühen Ileozökalresektion vergleicht.
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Durch die Operation erreichen PatientInnen eine therapiefreie Remission in 36 % der Fälle nach 10 Jahren.
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Obwohl seit der Publikation der ersten Ergebnisse annähernd 8 Jahre vergangen sind und zahlreiche neue Substanzen für die Therapie des M. Crohn zugelassen worden sind, hat es leider keine weiteren Studien mit einem Head-to-head-Vergleich zur Resektion gegeben.
Einhaltung ethischer Richtlinien
Interessenkonflikt
J.H. Niess ist Berater für Abbvie, Takeda, und Johnsen and Johnsen. M. von Strauss und Torney gibt an, dass kein Interessenkonflikt besteht.
Für diesen Beitrag wurden von den Autor/-innen keine Studien an Menschen oder Tieren durchgeführt. Für die aufgeführten Studien gelten die jeweils dort angegebenen ethischen Richtlinien.
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