Vom Bergisel zu springen, das trauen sich nur furchtlose „Adler“. Aber auch die vielen Stufen der Sprungschanze hinaufzukraxeln, ist keine Kleinigkeit, vor allem mit stark eingeschränkter Lungenfunktion.
Am 13. November 2024 standen COPD-Patienten vor einem ungewöhnlichen Problem. Sie sollten die 283 Stufen der Bergisel Sprungschanze in Innsbruck erklimmen. Für die Betroffenen eine Kraftanstrengung, vergleichbar mit einer Bergtour für Gesunde. Das Besondere an der Aktion: Die Kranken taten es freiwillig. Daher auch der Name: myCOPD-Challenge, die unter der Schirmherrschaft der Österreichischen Gesellschaft für Pneumologie ÖGP stattfand.
Mit Unterstützung der Ärzte der Reha Innsbruck und in Begleitung des Ex-Weltklasse-Skispringers Florian Liegl sowie des Volksmusikers Marc Pircher setzten sie auf ihre Weise ein Zeichen.
„Die COPD-Erkrankung bleibt häufig lange unerkannt“, sagt . ÖGP-Generalsekretärin Prof. Dr. Judith Löffler-Ragg. Frühwarnzeichen wie anhaltender Husten, Auswurf und Atembeschwerden – die sogenannten „AHA-Symptome“ – werden von den Betroffenen häufig nicht ernst genommen. Das führt dazu, dass ärztliche Hilfe oft erst sehr spät in Anspruch genommen wird. „COPD ist eine sich schleichend entwickelnde Erkrankung. Der Zeitpunkt der Diagnose ist daher entscheidend“, sagt Löffler-Ragg, die die Abteilung für Pneumologie am LKH Hochzirl-Natters leitet. „Je früher die Erkrankung erkannt und behandelt wird, desto größer sind die Möglichkeiten, ihren Verlauf positiv zu beeinflussen. COPD ist zwar nicht heilbar, aber mit rechtzeitiger Behandlung können wir die Lebensqualität der Betroffenen verbessern und einen schweren Verlauf verhindern.“
Welt-COPD-Tag am 20. November
Dank eines tieferen Verständnisses der verschiedenen Ausprägungsformen von COPD sowie modernster Diagnosemöglichkeiten und der Entwicklung neuer Medikamente lassen sich immer individuellere, immer maßgeschneidertere Therapien anbieten. „Wir können Menschen mit COPD heute viel gezielter und somit zumeist auch nebenwirkungsärmer behandeln. Bei Patienten, bei denen die Notwendigkeit einer Kortison-Therapie besteht, sollte jedenfalls die Möglichkeit für neue Therapien wie Biologika überprüft werden“, sagt Löffler-Ragg.
Um die Krankheit frühzeitig zu erkennen, ist es entscheidend, die Warnzeichen nicht zu ignorieren. Bei ersten Anzeichen sollte ein Lungenfacharzt oder eine Lungenfachärztin aufgesucht werden. Löffler-Ragg: „Dort finden ein Gespräch und eine körperliche Untersuchung statt. Weiters werden ein Lungenfunktionstest und eine bildgebende Untersuchung durchgeführt.“
Überhaupt, führt die Lungenspezialistin weiter aus, sollten jede und jeder den mittels Spirometrie erhobenen Wert seiner bzw. ihrer Lungenfunktion kennen. „Denn dieser Wert ist ganz allgemein ein wichtiges Werkzeug, um die Lungengesundheit zu messen und um – neben COPD – eventuell auch andere Beeinträchtigungen oder Erkrankungen der Lunge möglichst frühzeitig zu erkennen und entsprechend intervenieren zu können.“
Mit viel Luft alt werden!
Neben der Früherkennung spielt die Vermeidung von Risikofaktoren eine entscheidende Rolle. „Der größte Risikofaktor ist und bleibt das Rauchen“, erläutert Löffler-Ragg. „Raucher, die – noch – keine Symptome spüren, wiegen sich oft in falscher Sicherheit. Aber die Lunge vergisst nicht! In Studien konnte gezeigt werden: Selbst bei Rauchern im medianen Alter von 38 Jahren, die noch eine normale Lungenfunktion haben, zeigten sich im CT bereits Auffälligkeiten, die den Verlust der Lungenfunktion in späteren Jahren voraussagen.“
COPD tritt oft erst mit dem Alter auf, als Summe der Expositionen, denen die Lunge das ganze Leben über ausgesetzt war. Wer seine Lungenkapazität auch im Alter bewahren will, sollte also frühzeitig mit dem Rauchen aufhören.“
Die myCOPD-Challenge will COPD-Patient ermutigen, aktiv zu bleiben und regelmäßig zu trainieren. „Sportliche Aktivität und Atemmuskeltraining wirken sich positiv auf den Verlauf der Krankheit aus und die Patienten gewinnen an Lebensqualität“, sagt Dr. Christoph Puelacher, ärztlicher Leiter und Geschäftsführer der Reha Innsbruck. „Für die Challenge haben wir die Teilnehmer gezielt auf die 283 Stufen des Bergisels durch eine Kombination aus Bewegungstherapie, Atemmuskeltraining und allgemeinem Fitnesstraining vorbereitet.“