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10.02.2025 | Computertomographie

Scharf wie nie – Photon Counting überzeugt Radiologen

verfasst von: Josef Broukal

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In das Innere eines Stents schauen; ohne Biopsie entscheiden, ob ein Eingriff nötig ist oder nicht – eine neue Generation höchst auflösender Computertomografen könnte bisher Unmögliches möglich machen. „Photon Counting“ nennt sich diese neue Technologie. Nach Jahrzehnten der Entwicklung und Jahren der Erprobung kommen die ersten Geräte in Kliniken und Röntgeninstitute.

Bringen die Photon-Counting-Technologie in Kliniken und Radiologiezentren: Siemens Healthineers-Scanner vom Typ NAEOTOM Alpha. 


Im Jahr 2003 hatten einige Techniker bei Siemens Medical Solutions eine gewagte Idee: Sie wollten eine völlig neue CT-Technologie entwickeln – mit deren Hilfe sollte es möglich sein, sehr viel präzisere Scans anzufertigen als mit den damals weltbesten Computertomografen.

Heute, mehr als 20 Jahre später, ist diese Technologie serienreif und wird weltweit vom Unternehmen „Siemens Healthineers“ angeboten.

Worum geht es? Bei den heute üblichen Computertomografen treffen die Röntgenphotonen, nachdem sie den Patienten durchflogen haben, auf einen Kristall, der sie in Photonen des sichtbaren Lichts umwandelt. Es werden jeweils mehrere Photonen gemeinsam über eine Fotodiode in ein einziges elektrisches Signal umgewandelt. Informationen zum Energiegehalt der einzelnen Photonen gehen dabei verloren – und damit geht auch die Auflösung der Scans zurück.

Anders bei den neuen „Photon Counting“-CT (abgekürzt PCCT). Sie wandeln jedes einzelne auf den Detektor fallende Röntgenphoton direkt in elektrischen Strom und damit in Information aus dem menschlichen Körper um. Dadurch ergeben sich mehrere Vorteile:

  • Die Auflösung eines PCCT ist mehr als doppelt so hoch als bei den Computertomografen der vorhergehenden Generation. Dies ermöglicht die Darstellung viel kleinerer Strukturen.
  • Der Scan erfolgt mit hoher Geschwindigkeit – Patienten müssen zum Beispiel bei Lungenscan die Luft nur sehr kurz anhalten. Bei kardialen Scans beeinträchtigt die Bewegung des Herzens die Bildqualität noch weniger.
  • Die Röntgendosis kann im Vergleich zu konventionellen Geräten niedriger gehalten werden. Die Medizinische Universität Wien hält fest: „Davon profitieren Patienten, die mehrere oder regelmäßige Nachsorgeuntersuchungen mit CT erhalten müssen.“ Die Strahlendosis sei bis zu 45 Prozent niedriger.
  • Elektronisches Rauschen kann weitgehend ausgefiltert werden und damit verbessert sich die Bildqualität.
  • Multispektraluntersuchungen sind ohne zusätzliche Untersuchungsserien möglich. Die Methode erlaubt die Identifikation unterschiedlicher Gewebetypen im untersuchten Organ.
  • Adipöse Patienten können mit besserer Bildqualität untersucht werden.

Bei Photon-Counting fallen weit mehr Daten an als bei anderen, geringer auflösenden CT Technologien. Bis zu einem Gigabyte pro Untersuchung sind möglich. Dies führt zu höheren Anforderungen für Hard- und Software. Diese Anforderungen werden bedient, indem KI-gestützte Bearbeitungs-Software nachgeschaltet wird.

In herkömmlichen CT-Detektoren werden mehrere Röntgenphotonen zu einem Lichtpunkt zusammengefasst. Dadurch gehen Auflösung und Information verloren. 


Photonenzählende CT-Detektoren verwerten jede einzelne Röntgenphoton zu einem Signal an die Speichereinheit des CT. Dadurch werden Aufnahmen präziser. Gleichzeitig kann die Röntgendosis gesenkt werden.


Photon Counting-Praxis

Die neue Scanner-Generation etabliert sich sukzessive im Markt. Siemens Healthineers hat bereits im Jahr 2021 der Medizin Universität Wien ein Vorausmodell des NAEOTOM Alpha zur Verfügung gestellt. Die Radiologen Prof. Priv.-Doz. Dr. Helmut Prosch und Prof. Priv.-Doz. Dr. Dietmar Tamandl ziehen Bilanz:

„Es hat fast 20 Jahre gedauert, diese neue Technologie zu entwickeln. Wir hatten das Glück, dass einer der ersten Scanner unserer Universität zur Verfügung gestellt wurde. Jetzt sind wir imstande, schärfere Bilder zu erzeugen – und auch Bilder mit schärferem Kontrast. Es ist ein bisschen wie bei einem Fernseher: mit kleineren Pixeln hast du einfach eine bessere Auflösung. Und das alles mit einer um zwei Drittel reduzierten Strahlendosis verglichen mit herkömmlichen CT-Scannern. Das hilft den Klinikern bei der Diagnose, es hilft aber auch den Chirurgen bei der Vorbereitung eines Eingriffs.“

Mehr Informationen für eine präzise Diagnose

Ganz allgemein hält die Medizin-Universität Wien fest: „Die hohe Präzision und die gewonnene Spektralinformation des neuen Geräts sind im Bereich der Onkologie von großem Nutzen, wo eine zuverlässige und konsistente Bewertung des Krankheitsverlaufs entscheidend ist. Es werden nicht nur alle bisher verfügbaren Informationen aus den CT-Untersuchungen ermittelt, sondern auch weitere Einblicke in die Tumorbiologie und das Ansprechen auf Therapien ermöglicht.“

In einem einzigen Datensatz sei sehr viel Information enthalten. Dieser Vorteil ermögliche zum Beispiel im Bereich der Pulmologie einen früheren Start der Behandlung unter Vermeidung schwerwiegender Folgen einer längeren Zeitspanne zwischen Diagnose und Therapie. Die mit Photon-Counting-CTs gewonnen Daten enthalten mehr Informationen für eine präzise Diagnose und den Einsatz in Therapie und Nachsorge. Das sei ein Novum.

Das Unternehmen Siemens Healthineers sieht die Zukunft dieser neuen Technologie vor allem in drei Anwendungen:

Kardiovaskuläre CT. Mit der intrinsischen Spektralbildgebung können deutlich mehr Details kleiner Strukturen sichtbar gemacht werden. So können Patienten mit starken Verkalkungen oder Stents durch eine Photon-Counting CT profitieren. Mit der neuen Methode ist das Gewebe differenziert darstellbar. Zum Beispiel ist Verkalkung deutlich unterscheidbar von einem Metall-Stent.

Onkologische CT. Die spektrale Bildgebung im Niedrigdosisbereich – in diesem untersucht man Weichteile – kann die Beobachtung der Tumorentwicklung und der Metastasen sowie die Versorgung der Patienten verbessern.

Neurologische CT. Kleinste zerebrale Blutgefäße sind mit der neuen Methode diagnosesicher beurteilbar. Ein verbesserter Bildkontrast und eine höhere räumliche Auflösung erhöhen die Sicherheit bei der Beurteilung kleiner anatomischer Details, selbst in den kleinsten zerebralen Blutgefäßen.

Photon Counting CT bringen deutlich bessere Darstellungen. Hier beim Vergleich mit herkömmlichen Scans des Mittel- und Innenohrs. 


Alle großen Herstellerarbeiten an Photo-Counting-CT

Siemens Healthineers war im Jahr 2021 der erste bedeutende Hersteller, der einen Computertomografen mit photonenzählendem Detektor anbot. Aber die anderen Großen der Branche ziehen nach. Namentlich sind das General Electric Healthcare, Philips und Canon. Alle Genannten stehen knapp vor dem Marktstart.

Siemens Healthineers hat nach eigenen Angaben bereits etwa 180 „Photon Counting“-Computertomografen verkauft. Davon sechs in Österreich: an das AKH Wien, das Diagnosezentrum Graz (2 Stück), das Diagnostikum Graz, die Klinik Oberwart und das Klinikum Wels-Grieskirchen.


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Titel
Scharf wie nie – Photon Counting überzeugt Radiologen
Schlagwort
Computertomographie
Publikationsdatum
10.02.2025