Woran liegt es, dass sich Wölfe in den vergangenen 20 Jahren ausbreiten? Am Naturschutz. Und an den geeigneten Lebensräumen.
Meine Mutter hat wieder was gesehen. Was haben wir geschmunzelt, wenn sie uns von ihren Sichtungen von Bären und Wölfen berichtet hat, von ihren Abdrücken im feuchten Waldboden. Im Mariazeller Bergland, im Göller-Massiv, in den Traisentaler Bergen und, noch näher, auf der Schneealpe. Rückblickend muss ich bekennen – die eine oder andere Wahrnehmung wird gestimmt haben.
Vor allem Wölfe fühlen sich in Mittel- und Zentraleuropa pudelwohl. Die rasch ansteigende Zahl der Wölfe liegt in hohen Überlebens- und Reproduktionsraten in Gebieten begründet, die geeignete Umweltbedingungen aufweisen. Das zeigt eine Analyse des Leibniz-Instituts für Zoo- und Wildtierforschung (Leibniz-IZW). Die Überlebenswahrscheinlichkeit für Wölfe war dabei so hoch wie nirgends sonst auf der Welt wie in Deutschland.
Vor zehn Jahren etwa war ich mit einem Förster auf Exkursion ins Nassköhr, einem Hochmoor in den Mürzsteger Alpen, inmitten dichter Wälder, umgeben von hoch aufragenden Kalkfelsen. Der Waldkenner berichtete beiläufig, dass er hin und wieder einsame Wölfe durchs Revier traben sehe. So weit östlich, so nah an Wien – wie war das möglich?
Zurück zur Studie: Junge Wölfe in Deutschland wiesen während der ersten zwei Jahrzehnte seit dem Beginn der Wiederbesiedlung Deutschlands eine jährliche Überlebenswahrscheinlichkeit von 75 Prozent auf, bei erwachsenen Tieren waren es sogar 88 Prozent. Bei jungen Wölfen bis zu einem Alter von 2 Jahren war die Überlebensrate dabei von der Eignung des Lebensraumes abhängig. Aha! „Die Überlebensraten der deutschen Wolfspopulation waren im Vergleich zu anderen Regionen sehr hoch, sie gehörten sogar zu den höchsten weltweit“, wird dazu Stephanie Kramer-Schadt zitiert, Leiterin der Abteilung am Leibniz-IZW. Schadt weiter. „Dies deutet darauf hin, dass sich die Wölfe in den untersuchten 20 Jahren in für sie sehr gut geeigneten Lebensräumen ansiedelten. Auch der strenge gesetzliche Schutz hat dazu beigetragen.“
Als geeignet qualifizieren sich Landstriche, die ausreichend Deckung – beispielsweise durch Wälder – und Rückzugsräume bieten, die möglichst weit von Straßen entfernt liegen. Dadurch ermöglichen diese Räume dem Wolf, dem Menschen aus dem Weg zu gehen.
Das niederösterreich-steirische Grenzgebirge bietet solche Orte.
Nun sehe ich klarer. Meine Mutter wird sich freuen.