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Erschienen in: Wiener klinisches Magazin 4/2016

Open Access 01.09.2016 | Schwerpunkt ÖGGH

Barrett-Ösophagus

Screening – Surveillance – Therapie

verfasst von: Prim. Univ. Prof. Dr. Andreas Püspök

Erschienen in: Wiener klinisches Magazin | Ausgabe 4/2016

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Zusammenfassung

In der folgenden Übersicht wird auf die aktuelle Definition, Screeningempfehlungen, Surveillanceguidelines und Therapiestrategien des Barrett-Ösophagus eingegangen.
Hinweise
Literatur beim Verfasser
Das Adenokarzinom des distalen Ösophagus weist nunmehr auch in Österreich eine stark steigende Tendenz auf. Als größter Risikofaktor dafür gilt der sog. Barrett-Ösophagus. Ganz rezent wurde ein internationaler Konsensus zur Definition eines Barrett-Ösophagus publiziert. Dabei wird jedes Zylinderepithel oberhalb des gastroösophagealen Überganges als Barrett-Schleimhaut bezeichnet. Ob eine spezialisierte intestinale Metaplasie vorliegt, muss im histologischen Befund zusätzlich erwähnt werden. Der gastroösophageale Übergang wird als das proximale Ende der Magenfalten bei fehlender Luftinsufflation definiert.
Weitere Risikofaktoren beinhalten in erster Linie das Übergewicht, Rauchen, langjährigen Reflux und weniger ausgeprägt auch die familiäre Belastung. Während die Prävalenz der Refluxerkrankung zwischen den Geschlechtern in etwa gleich verteilt ist, ist beim Barrett-Karzinom ein deutliches Überwiegen des männlichen Geschlechts (etwa 70 %) zu beobachten. Des Weiteren ist beim Barrett-Karzinom eine Zunahme der Häufigkeit mit dem Alter beschrieben worden. Dies bedeutet, dass die Refluxerkrankung zwar ein wichtiger Risikofaktor für die Entstehung des Barrett-Ösophagus ist, für die Entwicklung zum Karzinom jedoch offenbar noch andere Kofaktoren notwendig sind.
Ein generelles Screening der Bevölkerung auf das Vorliegen eines Barrett-Ösophagus wird nicht empfohlen, da die Prävalenz lediglich bei ca. 2 % liegt. Aus den verschiedenen Risikofaktoren für einen Barrett-Ösophagus lässt sich jedoch eine Hochrisikogruppe definieren, für die ein Screening empfohlen wird. Dabei handelt es sich um weiße, männlichen Personen ab dem 60. Lebensjahr mit einer seit mindestens 10 Jahren bestehender Refluxsymptomatik. Die Evidenz für diese Empfehlung ist allerdings gering und nicht durch prospektive Daten belegt.
Darüber hinaus ist zu bedenken, dass 40 % aller Barrett-Patienten niemals eine Refluxsymptomatik hatten und daher symptomgetriggerte Screeningempfehlungen stark zu hinterfragen sind. Wie wenig die verschiedenen Empfehlungen und Leitlinien ohnehin befolgt werden, wurde in einer rezent publizierten Studie eindrucksvoll belegt. Von fast 500.000 Patienten mit unkompliziertem Reflux wurden 36.500 (7,3 %) endoskopiert. Dabei wurde bei 10 % ein Barrett-Ösophagus diagnostiziert. Interessanterweise war jedoch bei der definierten Risikogruppe (männlich, weiß, >50 Jahre, positive Familienanamnese, Beschwerden >5 Jahre) die Rate an Endoskopien signifikant geringer, während gleichzeitig ein Barrett-Ösophagus oder Karzinom bis zu 7‑mal häufiger auftrat!
Trotz des weitverbreiteten Einsatzes der Gastroskopie werden die meisten Patienten mit Barrett-Ösophagus durch die gängige Praxis und teilweise auch durch die Screeningempfehlungen, die sich mehrheitlich auf Refluxsymptome stützen, nicht erfasst. Die Folge ist, dass bei bis zu 95 % der Patienten mit Adenokarzinomen des Ösophagus anamnestisch kein Barrett-Ösophagus bekannt war. Daher ist es auch nicht verwunderlich, dass bisher eine überzeugende Evidenz für einen positiven Effekt von Screeningempfehlungen auf die Inzidenz des Barrett-Karzinoms fehlt.

Empfehlungen für die endoskopischen Überwachung

Trotzdem sollen Patienten mit bekanntem Barrett-Ösophagus endoskopisch überwacht werden. Die hierzu vorliegenden Empfehlungen sind weitgehend einheitlich akzeptiert und auch in einem Konsens der ÖGGH festgehalten. Demnach sollten Patienten mit einem Barrett-Ösophagus ohne histologischen Dysplasienachweis alle 3–5 Jahre endoskopisch kontrolliert werden. Diese Kontrollen sollten mit einem hochauflösenden Endoskop und Weißlicht erfolgen, wobei alle auffälligen Stellen und der übrige Barrett-Ösophagus nach dem Seattle-Protokoll (Quadrantenbiopsien alle 2 cm) biopsiert werden sollte. Alternativ zum Seattle-Protokoll können auch Färbetechniken wie das „narrow band imaging“ (NBI) mit gezielten Biopsien angewandt werden. Die zusätzliche Verwendung von Aufsatzkappen und eventuell die Verwendung von Essigsäure können die Sensitivität der Endoskopie für die Entdeckung dysplastischer Areale weiter steigern, sind jedoch für die Routinegastroskopie zu aufwendig und kommen in erster Linie im Rahmen von Surveillanceprotokollen zur Anwendung.
Bei Vorliegen einer Dysplasie („low grade“ oder „high grade“) oder eines Frühkarzinoms bedarf es einer Nachbefundung durch einen Referenzpathologen. Patienten mit bestätigter Low-grade-Dysplasie müssen nach 6 Monaten und danach jährlich endoskopisch kontrolliert werden. Alternativ können diese Patienten auch endoskopisch behandelt werden (s. unten). Dadurch kann die Progression zur High-grade-Dysplasie bzw. zum Karzinom signifikant reduziert werden.
Bei High-grade-Dysplasie oder bei einem Frühkarzinom ist immer eine endoskopische Therapie indiziert. Umschriebene Läsionen werden mittels Mukosaresektion oder endoskopischer Submukosadissektion behandelt. Die Wahl des Verfahrens ist einerseits von der Größe der Läsion und andererseits von der lokalen Expertise abhängig. Grundsätzlich wäre die ESD zu bevorzugen, da die En-bloc-Resektionsraten mit dieser Methode deutlich höher liegen.
Endoskopisch nicht abgrenzbare Dysplasieareale bzw. auch die verbliebene Barrett-Schleimhaut nach lokaler Mukosaresektion werden danach mit einem ablativen Verfahren therapiert.
Bei Hochrisikopatienten ist auch bei Vorliegen einer Low-grade-Dysplasie die Ablation der Barrett-Schleimhaut gerechtfertigt. Als hohes Risiko gilt ein jüngeres Alter (höheres Lebenszeitrisiko) und ein langstreckiger (>3 cm) Barrett-Ösophagus. Des Weiteren weisen adipöse Männer ein deutlich höheres Risiko für eine Progredienz der Barrett-Schleimhaut zur schweren Dysplasie oder zum Karzinom auf. Der Einsatz molekularer Marker zur Definition des Risikos ist derzeit Gegenstand der Forschung, jedoch noch nicht in der Routine angekommen. Am vielversprechendsten scheint der immunhistochemische Nachweis von p53 zu sein. Bei diesem Parameter ist auch die Interobservervarianz unter den Pathologen deutlich niedriger als das konventionelle Dysplasiegrading mittels HE-Färbung.
Das am besten untersuchte Ablationsverfahren ist die Radiofrequenzablation, die sich in mehreren Studien als effektiv und sicher erwies und auch die Entstehung eines Barrett-Karzinoms verhindern kann. Der Effekt der Ablation nach Radiofrequenzablation, d. h. der Ersatz des Barrett-Epithels durch Plattenepithel hält auch nach 5 Jahren an. Trotzdem besteht auch nach Radiofrequenzablation potenziell das Risiko von Rezidiven. Daher ist auch nach erfolgreicher Behandlung eine lebenslange Kontrolle in noch nicht definierten Zeitabständen notwendig.
Open access funding provided by Medical University of Vienna.

Einhaltung ethischer Richtlinien

Interessenkonflikt

A. Püspök gibt an, dass kein Interessenkonflikt besteht.
Dieser Beitrag beinhaltet keine vom Autor durchgeführten Studien an Menschen oder Tieren.
Open Access. Dieser Artikel wird unter der Creative Commons Namensnennung 4.0 International Lizenz (http://​creativecommons.​org/​licenses/​by/​4.​0/​deed.​de) veröffentlicht, welche die Nutzung, Vervielfältigung, Bearbeitung, Verbreitung und Wiedergabe in jeglichem Medium und Format erlaubt, sofern Sie den/die ursprünglichen Autor(en) und die Quelle ordnungsgemäß nennen, einen Link zur Creative Commons Lizenz beifügen und angeben, ob Änderungen vorgenommen wurden.
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Metadaten
Titel
Barrett-Ösophagus
Screening – Surveillance – Therapie
verfasst von
Prim. Univ. Prof. Dr. Andreas Püspök
Publikationsdatum
01.09.2016
Verlag
Springer Vienna
Erschienen in
Wiener klinisches Magazin / Ausgabe 4/2016
Print ISSN: 1869-1757
Elektronische ISSN: 1613-7817
DOI
https://doi.org/10.1007/s00740-016-0128-z

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