Einleitung
Der präkorneale Tränenfilm ist eine sehr dünne Flüssigkeitsschicht über der Hornhautoberfläche. Seine Aufgaben beinhalten die Aufrechterhaltung einer glatten Brechungsfläche im Zusammenspiel von drei Schichten: die Muzin-Schicht hilft die Tränenflüssigkeit an der Augenoberfläche zu halten. Die wässrige Schicht, ein Gemisch auf Peptiden/Proteinen, Kochsalz- und Elektrolyten, bringt der Hornhaut Feuchtigkeit und Sauerstoff und spielt eine wichtige Rolle neben anderen zur Benetzung der der Augenoberfläche und die Lipidschicht – produziert von den Meibom‑/Moll- und Zeisdrüsen – sorgt für eine stabile Oberflächenspannung und verhindert die Evaporation [1, 2].
Die ocular surface disease (OSD) bezieht sich auf ein breites Spektrum von Erkrankungen der Augenoberfläche – bedingt entweder durch ein Mangel der Lipidschicht, des wässrigen Anteils, der Muzinschicht oder durch Mischformen, die zu Symptomen des trockenen Auges, einem Abfall der Sehleistung und somit zur Verminderung der Lebensqualität führen [3‐10]. Die Meibomdrüsendysfunktion resultiert in einer qualitativen und quantitativen Veränderung der Lipidschicht mit konsekutiver Instabilität des Tränenfilms. Diagnostisch erhebbar kann der funktionelle Aspekt mittels der Tränenaufrisszeit (BUT) und des funktionellen Visus, der morphologische Aspekt mit der Meibographie, des Vorderabschnitts-OCT und der Interferometrie werden [11‐16].
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Das Permanent Make-up wird seit Jahren immer beliebter. Es zeigten sich bei histopathologischen Untersuchungen eine Persistenz des eingebrachten Pigments als freie Granula in der Epidermis und Dermis, die meisten in Makrophagen in der Dermis und im Bereich der Lidränder an der Oberfläche des Orbicularis-Muskels. Als Nebenwirkungen können neben traumatischen Verletzungen während der kosmetischen Behandlung (dabei liegen auch Fallstudien vor, die eine akzidentielle Verletzung der Hornhaut demonstrieren) Allergien, Dislokation des Pigments sowohl oberflächlich als auch in tiefere Schichten, Entzündungen, Nekrosen und Granulome entstehen [17‐25].
Technisch wird nahe dem äußeren Lidrand Pigment in die Haut mittels dafür geeigneter Pigmentiergeräte in hunderten Einzelstichen eingebracht. Allein aus der anatomischen Lokalisation liegt es nahe, dass möglicherweise die Meibomdrüsen bzw. deren Drüsenausgänge in Morphologie und Funktion gestört werden könnten. In dieser Studie versuchen wir einen denkbaren negativfunktionellen Effekt diesbezüglich im Vergleich zu einem nicht behandelten Probandinnenkollektiv nachzuweisen.
Methodik
100 weibliche Probandinnen wurden rekrutiert. Dabei hatten 100 Augen ein Permanent-Make-up an Unter- und Oberlid seit mindestens 3 Jahren und 100 Augen waren unbehandelt. Es erfolgte neben der Erhebung des OSD-Index eine genaue Anamnese hinsichtlich des Zeitpunktes der kosmetischen Behandlung, der Krankengeschichte mit besonderer Beachtung eventueller Schilddrüsenpathologien, der Medikamenteneinnahme inklusive psychoaktiver Substanzen, des Nikotin‑/Alkoholkonsum sowie der täglichen Trinkmenge. Ausgeschlossen wurden Probandinnen wegen: florider Bindehaut‑/Hornhautentzündung, Demodexbefall, lokaler Vormedikation, Glaukom, fazialer Erkrankungen (z. B. Rosazea), Lidfehlstellungen wie Ektropia, Tränenwegsstenosen und Zustände nach Gesichtstraumata.
Erhoben wurden mittels des Keratographen 5 der Firma Oculus die NIK-BUT, die Tränenmeniskushöhe, die bulbäre Rötung temporal und nasal, die LIPKO-Falten sowie der Status der Meibomdrüsen (Meibographie, Einteilung nach der „Meiboscale by Dr. Pult“). Alle statistischen Analysen wurden durchgeführt mittels Excel Office 16 und IBM SPSS® Statistics. P < 0,05 galt als signifikant.
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Obwohl keine medizinische Intervention stattfand, wurde jede Probandin schriftlich und mündlich über die Studie informiert.
Ergebnisse
Das durchschnittliche Lebensalter der Probandinnen lag in der Tattoo-Gruppe bei 58 Jahren (±12) und in der unbehandelten Gruppe bei 55 Jahren (±10). Das Alter des Permanent-Make-ups betrug 9,3 Jahre (±4,0). Darüber hinaus konnten wir einen Anteil von Raucherinnen mit 23 % und von Schilddrüsenpathologien mit 17 % bestimmen.
Signifikante Unterschiede zugunsten der nicht tätowierten Gruppe konnten im Ergebnis des OSD-Index (19,0 ± 8,01 vs. 10,8 ± 3,56, p 0,0004, Mann-Whitney U Test) sowie in der Meibographie (2,5 ± 0,67 vs. 1,6 ± 0,68, p 0,0001), der NIK-BUT (9,6 ± 3,35 vs. 10,7 ± 3,95, p 0,0001) und der LIPKO-Falten (2,3 ± 0,50 vs. 1,3 ± 0,48, p 0,0004) dargestellt werden. Nicht signifikante Unterschiede fanden wir in der nasalen (1,6 ± 0,78 vs. 1,5 ± 0,52, p 0,22) und der temporalen Rötung (1,3 ± 0,53 vs. 1,1 ± 0,09, p 0,1) sowie in der Tränenmeniskushöhe (0,4 ± 0,14 vs. 0,42 ± 0,07, p 0,67). Einen Unterschied zwischen Raucherinnen/Nichtraucherinnen bzw. zwischen Probandinnen ohne oder mit Schilddrüsenpathologien konnten nicht nachgewiesen werden.
Diskussion
Meibomdrüsen sind an den Augenlidern befindliche Talgdrüsen. Im Oberlid des Auges befinden sich etwa 30, im Unterlid etwa 20 tubuloalveolär verzweigte Drüsen. Dem Bau nach sind sie holokrine Talgdrüsen, d. h. der Talg (das Meibum) entsteht durch den Untergang ganzer Zellen des Drüsenepithels [26, 27]. Das lipidreiche Sekret nimmt nach jedem Lidschlag Kontakt mit der wässrigen Phase des Tränenfilms auf und verhindert eine Evaporation [28, 29].
In dieser Studie zeigten sich alle Parameter, die direkt oder indirekt auf eine Meibomdrüsendysfunktion hinweisen können, in der Tattoo-Gruppe signifikant schlechter als in der unbehandelten Gruppe. Sowohl der OSD-Index, die Meibographie (Abb. 1 und 2), die NIK-But (Abb. 3 und 4) und die LIPKO-Falten präsentierten sowohl subjektive als auch objektive Hinweise auf das Vorliegen eines Sicca-Syndroms bedingt durch eine Meibomdrüsendysfunktion und eine konsekutive Hyperevaporation nach Einbringen der Tattootinte am Lidrand. Die Tränenmeniskushöhe und die bulbäre Rötung zeigten keine signifikanten Unterschiede in den beiden Gruppen. Dies ist durchaus in Einklang zu bringen mit vorangegangenen dermatologischen Studien als auch ophthalmologischen Fallberichten, dass Tattoos nicht nur zu lokalen Infektionen, toxischen Prozessen und Allergien sondern auch zu einem Eindringen der Tinte in die Tiefe führen können [30‐35]. Dies ist ein Vorgang, der häufig als „Ausbleichen“ verstanden wird und zu einer weiteren kosmetischen Anwendung führt. Auch eine direkte mechanische Verletzung der Meibomdrüsen bei zu großer Eindringtiefe ist im Prinzip vorstellbar [18]. Darüber hinaus sind die Inhaltsstoffe der applizierten Tinte nicht standardisiert und können verschiedenste Substanzen bis hin zu Arsen enthalten [32, 34‐36].
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Eine anzuschließende histologische Studie in der Zukunft zur Darstellung der genauen anatomischen Veränderungen der Meibomdrüsen nach kosmetischer Lidrandtätowierung wäre wünschenswert.
Zusammenfassung
Zusammenfassend kann festgehalten werden, dass in dieser vergleichenden Beobachtungsstudie ein instabilerer Tränenfilm in Augen mit Permanent-Make-up auftrat im Vergleich zu unbehandelten Lidrändern. Dies ist auf eine Meibomdrüsendysfunktion zurückzuführen und zeigt, dass Permanent-Make-up ein weiterer Risikofaktor für die Entwicklung des trockenen Auges darstellt.
Einhaltung ethischer Richtlinien
Interessenkonflikt
C. Laufenböck gibt an, dass kein Interessenkonflikt besteht.
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Ethische Standards
Die Patientinnen gaben deren Einwilligung zur Teilnahme an der Studie und unterzeichneten die Patienteninformation.
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