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Ärzte Woche

24.04.2023 | Antibiotika

Antibiotika: Es ist kompliziert

verfasst von: Josef Broukal

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Am 6. März 2023 hob Wirtschaftsminister Martin Kocher das „Supply Chain Intelligence Institute Austria“ aus der Taufe. Seine Aufgabe: das Herausfinden, warum beim globalen Verteilen von Gütern derzeit so viel nicht klappt. Der Chef des ASCII, Prof. Dr. Peter Klimek, Wissenschaftler des Jahres 2021, bringt eine wichtige Qualifikation mit für den Job. Schließlich ist er Komplexitätsforscher.

Als erstes versprach Prof. Dr. Peter Klimek, sich einem besonders drängenden Problem zu widmen: dem Mangel an Medikamenten. In Österreich waren – Stand 17. April 2023 – 316 Medikamente nicht verfügbar, beispielsweise viele dringend benötigte Antibiotika für Kinder. Weitere 209 Medikamente waren nur eingeschränkt verfügbar. Will heißen: Besorgte Mütter oder Väter mussten sich von Apotheke zu Apotheke durchfragen. Schon am 23. März 2023 legt das Supply Chain Intelligence Institute Austria ASCII seinen ersten Bericht vor: „Empfehlungen zur Vermeidung von Antibiotika-Engpässen in der Zukunft.“ An den Anfang wurden drei „politische Überlegungen“ gestellt:

  • Es muss bessere Daten geben. Die Gesundheitspolitik muss besser als heute verstehen können, warum die Lieferketten bei Medikamenten so brüchig sind.
  • Eine bessere Versorgung mit Antibiotika wird in Marktprozesse eingreifen und daher Geld kosten. Eine „Versicherungsprämie [...], die die Gesundheitspolitik aufbringen muss, um Auswirkungen auf die Patienten zu vermeiden“.
  • Immer mitdenken müsse die Politik das globale Risiko einer Antibiotikaresistenz.

Was konkret getan werden muss

An die Spitze seiner Empfehlungen setzt das ASCII eine bekannte Forderung: Es müssen Daten her! Nur mit ihrer Hilfe ließe sich die Arzneimittelknappheit besser quantifizieren und vorhersagen. Besonderes Augenmerk sollte auf Arzneimittel gelegt werden, für die auch Ersatzstoffe fehlen. Die Gesundheitsbehörden müssen stabile Lieferbeziehungen für Antibiotika aufbauen. Mehrjährige Verträge mit Herstellern sollten auch Vorkehrungen für den Fall von Lieferausfällen enthalten. Zusätzliche Erzeugungsstätten für Antibiotika könnten helfen, Engpässe frühzeitig zu beheben. Die Europäische Union sollte Arzneimittelvorräte anlegen, die im Fall des Falles rasch verfügbar sind. „Bündelung der Verhandlungsmacht.“ Alle, die Arzneimittel einkaufen, sollten eng zusammenarbeiten, um gemeinsame Prognosen und Beschaffungsstrategien umzusetzen. Und sie sollten das Verhalten globaler Anbieter genau beobachten – auch, was wettbewerbswidriges Verhalten betrifft. Wenn die Gesundheitspolitik wolle, dass die Hersteller sozusagen auf Vorrat produzieren oder neue Antibiotika entwickeln, dann müsse sie auch bereit sein, dafür zu zahlen, erklärt Klimek.

Das sagt die Pharmaindustrie

Es herrsche zurzeit ein sehr dynamisches Infektionsgeschehen, das zu einer enormen Nachfrage bei Antibiotika geführt habe, heißt es vonseiten der PHARMIG, dem Verband der pharmazeutischen Industrie Österreichs. „Ein solcher Anstieg an Erkrankungen, wie wir ihn jetzt erleben, war in seiner Dynamik und in diesem Ausmaß nicht vorherzusehen.“ Die PHARMIG verweist auf konkrete Probleme: Personal fehle; oft stünden Glasfläschchen oder Papier für Verpackungen nicht zur Verfügung; all das wirke sich belastend auf die Versorgung mit Medikamenten aus. Ein weiterer Punkt der Industrie-Standesvertretung: Besonders groß sei die Unterversorgung bei niedrigpreisigen Arzneimitteln, den Generika. Hier seien die Gewinne besonders gering. Bei wirtschaftlichen Problemen würden sich Unternehmen aus der Versorgung zurückziehen.

Schlussfolgerung der Industrie

Konsequenz aus Sicht der PHARMIG: „Wenn sich bei den Medikamentenpreisen, vor allem im unteren Segment, nichts ändert, wird das der Medikamentenversorgung nicht guttun.“

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Metadaten
Titel
Antibiotika: Es ist kompliziert
Schlagwort
Antibiotika
Publikationsdatum
24.04.2023
Zeitung
Ärzte Woche
Ausgabe 17/2023

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