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Ärzte Woche

16.08.2021 | Allgemeinmedizin

Der Hunger der Welt in Zahlen

Für unsere Ernährung brauchen wir fruchtbare Böden, sauberes Wasser und die Fischbestände der Meere und Binnengewässer. All diese Ressourcen sind aber nur begrenzt vorhanden und an vielen Orten schon schwer belastet. Angesichts einer wachsenden Weltbevölkerung stellt sich deshalb die Frage, wie sich in Zukunft genügend Lebensmittel für alle Menschen produzieren lassen.

Die Landwirtschaft erzeugt heute ausreichend Lebensmittel, um die gesamte Weltbevölkerung ernähren zu können. Dennoch leiden sehr viele Menschen an Hunger. Laut der

Hunger und Unterernährung sind aber nicht das einzige Problem. Lebensmittel müssen nicht nur in ausreichender Quantität, sondern auch in der richtigen Qualität zur Verfügung stehen. Weil eine gesunde Ernährung aber in der Regel teurer ist als eine ungesunde, können sich etwa 20 Prozent der Weltbevölkerung nicht die Lebensmittel leisten, die sie mit ausreichend Vitaminen und Mineralstoffen versorgen würden. Man spricht in diesen Fällen auch von „verstecktem Hunger“, weil er auf den ersten Blick nicht sichtbar ist, aber die Gesundheit und das Wohlbefinden der Betroffenen beeinträchtigt.

Hunger trifft nicht alle Menschen gleich. Besonders gefährdet sind Kinder, weil sie sich noch im Wachstum befinden. Mangelernährung im Kindesalter kann dieses Wachstum nicht nur verzögern, sondern auch zu irreversiblen gesundheitlichen Schäden führen. Im Jahr 2020 waren weltweit 22 Prozent aller Kinder unter fünf Jahren von dieser Form der Unterentwicklung betroffen. Im gleichen Jahr waren 5,7 Prozent aller Kinder unter fünf übergewichtig.

Übergewicht kann wie Untergewicht die Folge einer unzureichenden Versorgung mit Lebensmittel sein und wird inzwischen insbesondere in einkommensschwachen Staaten nicht als Gegensatz, sondern als Ausdruck von Mangelernährung begriffen. Sowohl in den Industriestaaten als auch in den Ländern des globalen Südens ist Übergewicht auf dem Vormarsch.

Wo hungern Menschen heute?


Die weltweite Verteilung des Hungers zeigt große Unterschiede zwischen den Ländern. Die große Mehrheit der hungernden Menschen lebt in den Ländern des globalen Südens. Die Situation in Asien und in Mittel- und Lateinamerika hat sich in den vergangenen Jahren grundsätzlich verbessert. Zwar leiden auch dort immer noch Millionen Menschen unter Hunger, aber ihr Anteil an der Einwohnerzahl ist gesunken. In Asien betrug im Jahr 2020 der Anteil unterernährter Menschen 8,2 Prozent, in Lateinamerika und in der Karibik lag er bei 7,7 Prozent. Afrika war dagegen mit 19 Prozent unterernährter Menschen die am härtesten betroffene Region – und die Tendenz ist steigend.

Während sich global gesehen vor allem durch Fortschritte in China und Indien die Zahl unterernährter Menschen positiv entwickelt hat, könnte es in Zukunft durch das Bevölkerungswachstum in Afrika zur Trendwende kommen. Dann würde die Zahl hungernder Menschen weltweit steigen.

Warum müssen Menschen hungern?


Das Recht auf ausreichende Nahrung ist ein Menschenrecht, das seit 1976 durch den UN-Sozialpakt völkerrechtlich verankert ist. Dass es auf der Erde trotzdem Hunger gibt, hat vielfältige Ursachen. Zu diesen gehört insbesondere Armut, eine der Hauptursachen für Unter- und Mangelernährung weltweit: Wer für einen „Hungerlohn“ arbeiten muss, hat nicht genug Geld für Lebensmittel.

Besonders schwierig wird es, wenn Armut auf Ereignisse trifft, die Nahrungsmittelpreise in die Höhe treiben: etwa Kriege, Klimawandel und Epidemien. So gilt es als sicher, dass die Corona-Pandemie zu Rückschritten im Kampf gegen den Hunger geführt hat. Es fehlen zwar noch zuverlässige globale Zahlen, doch Schätzungen gehen davon aus, dass im Jahr 2020 die weltweite Prävalenz von Unterernährung und auch die absolute Zahl hungernder Menschen deutlich höher war als im Jahr 2019. Besonders dramatisch ist außerdem, dass nicht nur der chronische Hunger, sondern auch akute Hungerkrisen im Jahr 2020 zugenommen haben.

Welternährung in der Zukunft


Im Jahr 2050 werden nicht mehr sieben, sondern vermutlich mehr als neun Milliarden Menschen auf der Erde leben. Die Menschen werden also mehr Nahrung brauchen und wahrscheinlich auch höhere Ansprüche entwickeln: Sie werden vor allem mehr Fleisch und Milchprodukte konsumieren wollen. Um die Welt 2050 zu ernähren, muss die Agrarproduktion also enorm gesteigert werden. Weil aber die weltweite Landwirtschaft eng verknüpft ist mit anderen globalen Problemen wie Klimawandel, Bodenerosion, Artenschwund und Wassermangel, muss die Produktionssteigerung auf eine intelligente Weise geschehen: Welternährung bedeutet auch, dass Böden und Wasser nachhaltiger genutzt und das Klima und die Biodiversität besser geschützt werden müssen.

Die Landoberfläche der Erde beträgt 13,4 Milliarden Hektar. Ein großer Teil dieser Fläche ist allerdings nicht oder nur sehr bedingt durch den Menschen nutzbar. Dazu zählen Wüsten, Berge und Eisschilde, die gemeinsam etwa 4,3 Milliarden Hektar einnehmen. Rund zehn Prozent der globalen Landfläche werden dagegen heute kultiviert, etwa weitere 23 Prozent als Weidefläche genutzt. Damit ist das meiste Land der Erde, das für die Landwirtschaft geeignet ist, bereits belegt. Am meisten Raum für Expansion steht noch in den tropischen Bereichen Afrikas und Südamerikas bereit. Es ist erwartbar, dass hier in Zukunft noch Flächen für Landwirtschaft geschaffen werden, allerdings zu einem sehr hohen Preis für Klima und Umwelt.

Können Erträge gesteigert werden?


Eine Möglichkeit, mehr Lebensmittel zu produzieren, ohne zusätzliche Flächen zu verbrauchen, sind Ertragssteigerungen. Die Welternährung der vergangenen Jahrzehnte hat bereits wesentlich auf diesem Prozess basiert. Dabei war es vor allem die moderne Landwirtschaft der Industrieländer, welche ihre Produktivität erhöht hat. Ein Bauer in Deutschland etwa ernährte im Jahr 1949 im Durchschnitt zehn Menschen. Im Jahr 2018 war er in der Lage, 134 Menschen zu ernähren.

Global betrachtet liegt ein großer Teil der Agrarwirtschaft allerdings nicht in der Hand moderner Landwirtschaftsbetriebe, sondern wird von Kleinbauern getragen. Die durchschnittliche Größe von landwirtschaftlichen Betrieben in Asien und Afrika liegt bei etwa 1,6 Hektar – in Nordamerika sind es 121 Hektar. Diese sind zwar wichtig für die regionale Versorgung, aber häufig nicht besonders produktiv. Hier gibt es also noch Potenzial für Ertragssteigerung. Da allerdings eine intensivierte Landwirtschaft häufig langfristige ökologische Probleme mit sich bringt, ist es wichtig, umweltfreundliche Methoden zu wählen. Eine Lösung bietet hier die Orientierung an den Prinzipien der ökologischen Landwirtschaft.

Umstellung von Essgewohnheiten


Es spricht viel dafür, dass die Nachfrage nach tierischen Eiweißen in den nächsten Jahrzehnten steigen wird. Für eine nachhaltige Welternährung ist es wichtig, diesen Trend zumindest dort umzukehren, wo bereits heute viele Milch- und Fleischprodukte konsumiert werden. Denn die Produktion von tierischen Eiweißen ist aus mehreren Gründen problematisch: Sie verbraucht unter anderem viel Wasser und verursacht klimaschädliche Gase. Vor allem aber beansprucht sie sehr viel Platz: Von der Fläche, die weltweit für die Landwirtschaft genutzt wird, dienen bereits etwa zwei Drittel als Weideland.

Viele Nutztiere leben heute aber gar nicht mehr auf Weiden, sondern werden in Ställen gehalten und beispielsweise mit Mais oder Soja gefüttert. Geschätzt wird auf etwa 33 Prozent der weltweiten Fläche, die für den Anbau von Pflanzen genutzt wird, Tierfutter produziert. In der Europäischen Union liegt diese Zahl sogar noch höher: Hier landet rund 60 Prozent des angebauten Getreides in Futtertrögen

Quelle: Beitrag von Statista

Weitere Informationen:

https://de.statista.com

Metadaten
Titel
Der Hunger der Welt in Zahlen
Publikationsdatum
16.08.2021
Zeitung
Ärzte Woche
Ausgabe 28-33/2021

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