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Ärzte Woche

Open Access 15.01.2023 | Ärztekammer

Spitalsärzte-Umfrage: Im Abgang säuerlich

verfasst von: Martin Krenek-Burger

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Spitalsärztinnen und -ärzte in Wien blicken pessimistisch in die Zukunft. Das zeigt eine mehrteilige Umfrage unter Tausenden Kollegen, durchgeführt vom Markt- und Meinungsforscher Peter Hajek. Die Wiener Ärztekammer ist alarmiert: Wenn nichts passiere, stünden die Krankenhäuser bald leer, meint ihr Vizepräsident Stefan Ferenci.

Wechselgerüchte schwirren durch die Gänge und Büros der Wiener Spitäler. 48 Prozent der Ärztinnen und Ärzte denken laut Umfrage an eine Zukunft als niedergelassene Wahlärztin bzw. Wahlarzt. 30 Prozent wollen sogar in einer anderen Branche arbeiten. 23 Prozent überlegen, in ein anderes Bundesland oder ins Ausland zu gehen, 22 Prozent erwägen die Übernahme einer Kassenstelle. Insgesamt haben 1.894 Spitalsärztinnen und -ärzte an der von der Peter Hajek Public Opinion Strategies durchgeführten Studie teilgenommen. Befragt wurden Beschäftigte in Gemeindespitälern, also im Wiener Gesundheitsverbund, sowie in Häusern anderer Betreiber.

„Das öffentliche Gesundheitssystem wird für die Beschäftigten zunehmend unattraktiver. Die Kolleginnen und Kollegen haben es satt, Patientinnen und Patienten wie am Fließband abfertigen zu müssen. Das entspricht – zu Recht – nicht ihrem medizinischen Versorgungs- und Behandlungsanspruch“, erklärte der Obmann der Kurie angestellte Ärzte und Vizepräsident der Ärztekammer für Wien, Dr. Stefan Ferenci, anschließend in einer Aussendung. Er riet den Betreibern zu überlegen, wie die Mitarbeiterzufriedenheit erhöht und die Beschäftigten gehalten werden könnten. An den Wiener Gesundheitsstadtrat Peter Hacker (SPÖ) appellierte er, ein „Stück des Weges“ gemeinsam zu gehen und die Spitalversorgung für die Wiener Bevölkerung wieder auf ein „solides Fundament“ zu stellen. Die Wiener Spitäler und Pflegeeinrichtungen werden – nachdem die Stadt-ÖVP bereits ein ähnliches Prüfbegehren angekündigt hat – auch auf Antrag der FPÖ nunmehr genauer unter die Lupe genommen. Die Stadt-Blauen ersuchen den Stadtrechnungshof, sich die Struktur und die Personalsituation anzusehen. Nach Ansicht der Freiheitlichen steht das Wiener Gesundheitswesen „kurz vor dem Zusammenbruch“, wie es im Antrag heißt.

Stadtrechnungshof eingeschaltet

Parteichef Dominik Nepp und Klubobmann Maximilian Krauss warnten vor großer Frustration beim Personal und „Massenkündigungen“ in den Krankenanstalten. Gesundheitsstadtrat Peter Hacker (SPÖ) würde immer nur beschwichtigen und erklären, das Arzt- und Pflegepersonal solle sich „nicht aufpudeln“. Überbelastung, Unterversorgung oder die Verschiebung von Eingriffen sind nach Ansicht der Freiheitlichen nicht nur Folge der Coronapandemie, sondern durchaus hausgemacht. Aufgrund von Fehlplanungen seien etwa Gangbetten wieder an der Tagesordnung. Der Stadtrechnungshof wird nun ersucht, ob „nicht ordnungsgemäße und nicht zweckmäßige Entscheidungen“ für die konstatierte Misere verantwortlich zu machen sind.

Insgesamt werden 15 Fragen an die Prüfer gestellt. So soll etwa geklärt werden, ob der Personalstand beim Gesundheitsverbund (WIGEV) ausreichend ist, ob der aktualisierte Wiener Gesundheitsplan auf die Bevölkerungsentwicklung abgestimmt ist, ob man die Pensionierungswelle berücksichtigt hat bzw. wie viele unbesetzte Planstellen es gibt. Auch den kolportierten Gefährdungsanzeigen oder der Zahl der Intensivbetten soll sich der Stadt-RH widmen. Die Freiheitlichen fordern unter anderem Nachbesserungen beim Gehalt für medizinisches oder pflegerisches Personal sowie mehr Autonomie für die Spitäler. Deren Selbstverwaltung gehöre gestärkt, befand Nepp. Auch das Bestreben, Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter aus anderen Ländern anzuwerben, wird nicht grundsätzlich abgelehnt. Die frühere Rekrutierungsoffensive auf den Philippinen habe etwa gut funktioniert, sagte der FP-Politiker. Falls es trotz Ausbildungsoffensive nicht genug Kräfte gebe, könne man überlegen, ob man nicht von wo anders qualifiziertes Pflegepersonal bekomme. „Husch-Pfusch“-Lösungen mit sechsmonatigen Deutschkursen in „Dritte-Welt-Ländern“ seien aber nicht geeignet, zeigte sich Nepp überzeugt.

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Metadaten
Titel
Spitalsärzte-Umfrage: Im Abgang säuerlich
Schlagwort
Ärztekammer
Publikationsdatum
15.01.2023
Zeitung
Ärzte Woche
Ausgabe 03/2023

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