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Erschienen in: hautnah 1/2017

Open Access 01.02.2017 | Immunsystem

Autoinflammation in der Dermatologie

verfasst von: Dr. Peter Maximilian Heil

Erschienen in: hautnah | Ausgabe 1/2017

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Zusammenfassung

Autoinflammatorische Syndrome sind seltene, meist monogenetisch bedingte Überreaktionen des angeborenen Immunsystems, im Speziellen von Monozyten und Makrophagen (dies ist ein Gegensatz zur Autoimmunität, bei der antigenspezifische Vertreter des erworbenen Immunsystems aktiv sind: T‑Zellen, B‑Zellen). Die Ursache liegt oft im sog. Inflammasom. Dies ist eine zelluläre Funktionseinheit aus verschiedenen Proteinen, deren physiologischer Zweck das Erkennen von Gefahrensignalen ist. Bei Mutationen autoinflammatorischer Syndrome kommt es zu einer spontanen Aktivierung des Inflammasoms mit überschießender IL-1-β-Produktion. Erkrankungsbeginn ist meist die Kindheit, manchmal bereits neonatal, selten erst im Erwachsenenalter. Häufige gemeinsame Symptome sind wiederkehrende Fieberschübe, Gelenksschmerzen und urtikarielle Exantheme; letztere unterscheiden sich jedoch klar von der klassischen Urtikaria (z. B. weil mehr schmerzhaft anstatt juckend). Daneben gibt es noch sehr spezifische Symptome, die wegweisend zu bestimmten Syndromen sind (z. B. Pseudoerysipele beim familiären Mittelmeerfieber). Treten solche Konstellationen bei Patienten auf, sollte dies Anlass dazu geben, ein autoinflammatorisches Syndrom in die Differenzialdiagnose mit einzubeziehen. Hilfreiche Laborwerte sind erhöhte Blutsenkung und CRP, neutrophile Leukozytose und ein erhöhtes Serum-Amyloid-A. Beweisend ist meist nur die genetische Untersuchung bzw. eine eindeutige Klinik. Therapie der Wahl ist im Regelfall eine s. c. zu verabreichende Interleukin-1-Blockade (Anakinra, Canakinumab, Rilonacept). Gefürchtete Langzeitfolge eines unbehandelten autoinflammatorischen Syndroms ist die Amyloidose (Herz, Niere).

Einführung und Pathogenese

Autoinflammatorische Syndrome sind seltene – meist monogenetisch bedingte – entzündliche Überreaktionen des angeborenen Immunsystems ohne spezifisches Antigen als Zielstruktur (Autoimmunerkrankungen hingegen sind Überreaktionen des erworbenen Immunsystems, also T‑ und B‑Zellen, meistens ohne bekannten monogenetischen Hintergrund und mit einem definierten Antigen als Zielstruktur der autoreaktiven T‑ und B‑Zellen). Da es sich bei den autoinflammatorischen Syndromen im Regelfall (Ausnahmen s. unten) um genetische Erkrankungen handelt, ist der Krankheitsbeginn typischerweise früh, meist in den ersten Lebensmonaten und Lebensjahren zu finden. Zunächst waren im engeren Sinne nur jene Erkrankungen als autoinflammatorisch bezeichnet worden, welche monogenetisch und intermittierend sind (z. B. CAPS). Ergänzend wurden dann auch Erkrankungen als autoinflammatorisch bezeichnet, die einerseits zwar genetisch, aber nicht intermittierend sind (z. B. PAPA-Syndrom), anderseits zwar intermittierend, aber (bis dato) ohne erkannten Gendefekt blieben (z. B. Morbus Still). Mittlerweile erkennt man, dass selbst Erkrankungen wie der Typ-I-Diabetes oder die Atherosklerose einen autoinflammatorischen Teilaspekt haben.
Bei den autoinflammatorischen Syndromen kommt es zu einer ungeregelten Überproduktion von Interleukin 1β durch vor allem Monozyten und Makrophagen. Ein häufig verwendetes, jedoch ein wenig irreführendes Synonym ist „periodische Fiebersyndrome“; irreführend deshalb, weil es autoinflammatorische Syndrome gibt (s. unten), welche unbehandelt einen permanenten (nicht periodisch-intermittierenden) Verlauf zeigen.
Bei autoinflammatorischen Syndromen kommt es zu einer ungeregelten Überproduktion von Interleukin 1β
Im Zentrum der Pathogenese autoinflammatorischer Erkrankungen steht meist das sog. Inflammasom. Diese zelluläre Proteinstruktur hat die physiologische Fähigkeit, gemeinsame Gefahrensignale von verschiedenen externen Liganden zu erkennen und so eine schnelle erste Entzündungsreaktion des angeborenen Immunsystems auszulösen, noch ehe das adaptive Immunsystem funktionsfähig geworden sein kann. Solche Gefahrensignale sind zum Beispiel bakterielle Spaltprodukte (Lipopolysaccharide), aber auch Harnsäure oder Asbest. Am Ende der Reaktionskette steht vor allem die Aktivierung der Caspase 1, welche das inaktive Pro-Interleukin 1β in das aktive Interleukin 1β überführt. Aufgrund dieser Eigenschaft der Mustererkennung wird das Inflammasom auch zu den PRR („pattern recognition receptors“) gezählt.
Bei den autoinflammatorischen Syndromen kommt es nun aufgrund meist genetisch bedingter Fehlfunktionen zu einer spontanen und unkontrollierten Aktivierung des Inflammasoms. Die gefürchtetste, potenziell lebensbedrohliche Langzeitfolge einer unbehandelten autoinflammatorischen Erkrankung ist die Amyloidose (Typ AA).

Klinik

Klinisch lässt sich sagen, dass typische, den meisten autoinflammatorischen Syndromen gemeinsame Allgemeinsymptome wiederkehrende Fieberschübe, Gelenksschmerzen und urtikarielle Exantheme sind. Treten solche Konstellationen bei Patienten auf, sollte dies Anlass dazu geben, ein autoinflammatorisches Syndrom in die Differenzialdiagnose mit einzubeziehen, insbesondere dann, wenn solche Episoden rezidivierend auftreten.
Urtikarielle Veränderungen im Rahmen einer autoinflammatorischen Erkrankung [1] unterscheiden sich bei sorgfältiger Betrachtung doch fassbar von einer klassischen Urtikaria (die Klinik der letzteren in Klammern angeführt, siehe dazu auch Abb. 1 und Tab. 1): kein Juckreiz (Juckreiz), Brennen (kein Brennen), symmetrische Verteilung (asymmetrisch), Kopf selten beteiligt (Kopf oft beteiligt), Dauer länger als 24 h (kürzer als 24 h), keine begleitenden Angioödeme (oft begleitende Angioödeme), oft Systemsymptome (seltener Systemsymptome), keine Ansprechen auf Antihistaminika (gutes Ansprechen auf Antihistaminika) sowie histologisch ein deutliches meist neutrophiles Entzündungsinfiltrat (wenig Entzündungsinfiltrat).
Tab. 1
Urtikaria ≠ urtikariell [1]
 
Urtikaria
klassisch
Urtikariell
Autoinflammation
Empfinden
Juckreiz
o.B./Brennen
Verteilung
Asymmetrisch
Symmetrisch
Kopfbeteiligung
Ja
Nein
Dauer
<24
Oft >24h
Angioödem
Ja
Nein
Systemsymptome
Weniger
Häufiger
Therapieansprechen
Klassisch
Untypisch
Histologie
Wenig Entzündung (gemischt)
Viel Entzündung (Neutrophile)
Daneben gibt es für einzelne Syndrome relativ spezifische Symptome, welche nachfolgend beschrieben werden und in Tab. 2 zusammengefasst sind.
Tab. 2
Autoinflammatorische Syndrome sowie deren kausale Mutationen, Vererbungsmodus und klinische Spezifika
Syndrom
Gen
Vererbung
Wichtige klinische Spezifika
FMF
MEFV
ar (ad)
Pseudoerysipele
CAPS – FCAS
NLRP3
ad
Kälteurtikaria, Schwitzen
CAPS – MWS
NLRP3
ad
Innenohrschwerhörigkeit
CAPS – NOMID/CINCA
NLRP3
ad
Makulopapulöses Exanthem, aseptische Meningitis, degenerative Arthropathien
TRAPS
TNFRSF1A
ad
Periorbitale Ödeme, Erytheme, schmerzhafte Fasziitiden, Konjunktivitis und Abdominalschmerz
Schnitzler-Syndrom
?
?
Erkrankungsgipfel um das 50. Lebensjahr, monoklonale Gammopathie (IgM), begleitende lymphoproliferative Erkrankung
Morbus Still
?
?
Lachsfarbene flüchtige abendliche Exantheme, exzessiv erhöhtes Ferritin, Pharyngitis
Mevalonatkinase:
Hyper-Ig-D-Syndrom
MVK
ar
Morbiliformes Exanthemen,
enorale Aphthen und (schmerzhafte) Lymphknotenschwellungen,
Bauchschmerz, Emesis und Diarrhoe
Mevalonatkinase:
Mevalonat-Azidurie
MVK
ar
Morbiliformes Exanthemen,
enorale Aphthen und (schmerzhafte) Lymphknotenschwellungen,
Ataxie, mentale Retardierung
DIRA
IL1RN
ar
Pustulöses Exanthem, kein Fieber
DITRA
IL36RN
?
Pustulöses Exanthem, Fieber
PAPA-Syndrom
PSTPIP1 (= CD2BP1)
ad (ar)
Pyogene Arthritis, Pyoderma gangraenosum, Akne
PASH-Syndrom
?
?
Pyoderma gangraenosum, Akne und suppurative Hidradenitis
PAPASH-Syndrom
?
?
Pyogene Arthritis, Pyoderma gangraenosum, Akne und suppurative Hidradenitis
CAPS Cryopyrin-assoziiertes periodisches Syndrom; CINCA „chronic infantile neurological cutaneous articular“; DIRA „deficiency of interleukin-1 receptor antagonist“; DITRA „deficiency of interleukin-36 receptor antagonist“; FCAS „familial cold autoinflammatory syndrome“; FMF familiäres Mittelmeerfieber; NOMID „neonatal onset multisystem inflammatory disease“; PAPASH pyogene Arthritis, Pyoderma gangraenosum, Akne und suppurative Hidradenitis; PASH Pyoderma gangraenosum, Akne und suppurative Hidradenitis; TRAPS TNF-Rezeptor-assoziiertes periodisches Syndrom; MWS Muckle-Wells-Syndrom
Das am längsten bekannte autoinflammatorische Syndrom ist das familiäre Mittelmeerfieber (FMF). Seine Erstbeschreibung datiert auf das Jahr 1945 zurück, damals beschrieben als „benign paroxysmal peritonitis“; freilich war damals der autoinflammatorische Hintergrund noch nicht bekannt, der erst im Jahr 1997 bewiesen werden konnte. Die zugrunde liegende, meist autosomal-rezessive Mutation liegt im MEFV-Gen („online mendelian inheritance in man“ = OMIM: 249100), welche Anlass zu einem defekten Pyrin (=Marenostrin) gibt, welches seiner bremsenden Aufgabe in der Inflammasom-Aktivierung nur noch mangelhaft nachkommen kann und somit eine Aktivierung der Caspase 1 fördert, die subsequent zur Umwandlung vom inaktiven Pro-Interleukin 1β in das aktive Interleukin 1β führt. Eine autosomal-dominante Form wurde kürzlich beschrieben (OMIM 134610). Die Erkrankungsepisoden des FMF (meist alle 2 Wochen bis 6 Monate wiederkehrend) gehören zu den kürzesten im autoinflammatorischen Spektrum, nämlich meist nur 1–3 Tage. Dermatologisch bedeutsam ist das Auftreten von Rötungen und Schwellungen an den unteren Extremitäten, die Erysipelen zum Verwechseln ähnlich sehen können („Pseudoerysipele“); ebenso treten zwei Formen der Vaskulitis, die Purpura Schönlein-Henoch sowie die systemische Panarteriitis nodosa, gehäuft auf. Nicht jede Verlaufsform eines FMF zeigt klinisch klar fassbare Episoden. Dies ist insbesondere deshalb problematisch, weil sich so unbemerkt eine Amyloidose entwickeln kann.
Langzeitfolge einer unbehandelten autoinflammatorischen Erkrankung ist die Amyloidose
Beim Cryopyrin-assoziierten periodischen Syndrom (CAPS) steht eine autosomal-dominante Mutation des NLRP3-Gens im Mittelpunkt, welche zur spontanen Aktivierung des Inflammasoms führt und auch hier in einer Caspase-1-gesteuerten Überproduktion von Interleukin 1β mündet. Drei Erkrankungen können beim CAPS unterschieden werden: das „familial cold autoinflammatory syndrome (FCAS; OMIM: 120100), das Muckle-Wells-Syndrom (MWS; OMIM: 191900) und die schwerste Variante, die „neonatal onset multisystem inflammatory disease (NOMID; auch „chronic infantile neurological cutaneous articular [CINCA] syndrome genannt; OMIM: 607115). Klinische Charakteristika sind beim FCAS die namensgebende Kälteurtikaria sowie eine ausgeprägte Neigung zum Schwitzen, beim MWS die Innenohrschwerhörigkeit sowie beim NOMID/CINCA anstatt eines urtikariellen Exanthems eines mit makulopapulösem Charakter sowie rezidivierende aseptische Meningitiden (schwere neurologische Langzeitschäden) sowie degenerative Arthropathien. Allen drei Syndromen gemeinsam sind die Arthralgien (beim NOMID/CINCA schwer destruierend) sowie eine Augenbeteiligung (Konjunktivitis bzw. Uveitis). Im Gegensatz zum sehr frühen Erkrankungsbeginn bei FCAS und NOMID/CINCA ist dieser beim MWS oft Jahre später, manchmal erst in der Adoleszenz. Die Dauer der Schübe ist bei den beiden erstgenannten kurz-periodisch (24–48 h), beim letztgenannten besteht ununterbrochen Krankheitsaktivität.
Beim „TNF-receptor-associated-periodic syndrome“ (TRAPS; Synonym: „familial hibernian fever“, da in Irland erstbeschrieben; OMIM: 142680) stehen die Folgen einer Mutation im Gen TNFRSF1A im Mittelpunkt, welches für den TNF-Rezeptor-Typ 1 kodiert. Die derzeitige Arbeitshypothese ist, dass der fehlerhafte Rezeptor einerseits intrazellulär akkumuliert und so sekundär zu einer Stressreaktion und Inflammasom-Aktivierung führt, andererseits weniger sezerniert wird und so nicht nur qualitativ, sondern auch quantitativ seiner Aufgabe des Abfangens von zirkulierendem TNF nicht mehr voll gerecht werden kann. Erkrankungsbeginn ist die Kindheit, die Erkrankungsintervalle sind relativ lange (7–28 Tage; zur Erinnerung: beim FMF nur 1–3 Tage) und gekennzeichnet durch periorbitale Ödeme, Erytheme, schmerzhafte Fasziitiden, Konjunktivitis und Abdominalschmerz.
Bis dato keine zuverlässig detektierbare zugrunde liegende Mutation konnte bisher beim Schnitzler-Syndrom (SS) beschrieben werden (über eine „gain-of-function mutation“ im NLRP-3-Gen bzw. einen myeloid-restringierten somatischen Mosaizismus (also eine Mutation nur in Granulozyten und Monozyten) wurde jedoch berichtet [2, 3]). Das SS hebt sich im autoinflammatorischen Spektrum dadurch hervor, dass der Erkrankungsgipfel spät, um das 50. Lebensjahr, liegt. Prominentester Begleitbefund ist oft eine monoklonale Gammopathie (IgM) und Paraproteinämie; in 15 % der Fälle mündet dies in eine spätere lymphoproliferative Erkrankung, weshalb regelmäßige Kontrollen hier von besonderer Wichtigkeit sind.
Die systemische juvenile idiopathische Arthritis (Morbus Still; MS) der Pädiatrie sowie die „adult-onset Still’s disease (AOSD) sind ebenfalls Erkrankungen, bei denen noch keine kausale Mutation eruiert werden konnte. In seiner klassischen Form sind die beiden Erkrankungen dermatologisch gekennzeichnet durch lachsfarbene, abendlich flüchtige Exantheme. Die Dauer der Allgemeinsymptome (Temperaturerhöhung, muskuloskeletale Schmerzen) ist beim MS sehr variabel, bei der AOSD 7–14 Tage (liegt also genau zwischen FMF und TRAPS). Laborchemisch ist ein exzessiv erhöhtes Ferritin oft wegweisend. Subtil typisch sind die Pharyngitis und die abendlichen Fieberspitzen bei der AOSD. Beim MS ist eine Arthritis obligat, bei der AOSD fakultativ. Beide Erkrankungen bergen ein erhöhtes Risiko, ein Makrophagenaktivierungssyndrom zu entwickeln.
Bei den beiden autosomal-rezessiven Störungen des Mevalonatkinase-Stoffwechsels (beide Mutationen im MVK; OMIM: 260920), nämlich Hyper-IgD-Syndrom (HIDS) und Mevalonat-Azidurie (MVA) ist die Klinik (Beginn im 1. Lebensjahr, Schubdauer 3–7 Tage) aus dermatologischer Sicht dominiert von morbilliformen Exanthemen, enoralen Aphthen und (schmerzhaften) Lymphknotenschwellungen. Hinzu kommen beim HIDS Bauchschmerz, Emesis und Diarrhoe sowie bei der MVA Ataxie, Retardierung bis hin zum frühen Tod. Es gibt noch keine Enzymersatztherapie; weitere therapeutische Anmerkungen s. unten.
Neben den eben ausgeführten autoinflammatorischen Syndromen gibt es auch solche, bei denen Pusteln der dermatologische Leitbefund sind.
Zu diesen zählen Defekte an Rezeptorantagonisten: „deficiency of interleukin-1 receptor antagonist (DIRA) und „deficiency of interleukin-36 receptor antagonist (DITRA).
Beim DIRA (2009 erstbeschrieben; OMIM: 612852) ist das ILR1N-Gen mutiert und führt zu einer mangelnden Sekretion des IL1-Rezeptorantagonisten. Bereits ab den ersten Lebenswochen treten (ohne Fieber) kontinuierlich (nicht episodisch!) ein pustulöses Exanthem, Stomatitis, Nageldystrophie sowie Osteomyelitiden und Periostitiden auf.
Beim DITRA (OMIM: 614204) ist das ILR36N-Gen mutiert und führt zur Störung des IL36-Rezeptorantagonisten. Es treten pustulöse Exantheme, hier jedoch von Fieber begleitet, auf (siehe dazu auch Literatur über IL36N-Mutationen bei pustulöser Psoriasis [4]).
Ein weiteres autoinflammatorisches Syndrom, bei dem eine pustulöse Klinik führend ist, ist das PAPA-Syndrom (pyogene Arthritis, Pyoderma gangraenosum, Akne; OMIM: 604416), eine autosomal-dominante Erkrankung, deren Genese in einer PSTPIP1-Mutation (= CD2BP1) liegt. (Eine autosomal-rezessive Form wurde erst vor kurzem erstmals beschrieben: PAPA-like-Syndrom.) Dies führt zu einer gestörten Pyrin-Funktion im Inflammasom und damit zu einer ungeregelten Interleukin-1-Produktion. Die Klinik entspricht dem Akronym.
Erst kürzlich wurden zwei weitere Syndrome definiert und aufgrund Ihres Phänotyps dem autoinflammatorischen Spektrum zugeordnet – auch hier entspricht der Phänotyp den jeweiligen Akronymen. Zum einen handelt es sich um das PASH-Syndrom (Pyoderma gangraenosum, Akne und suppurative Hidradenitis), zum anderen um das PAPASH-Syndrom (pyogene Arthritis, Pyoderma gangraenosum, Akne und suppurative Hidradenitis). Bei beiden Syndromen konnte noch kein klarer Zusammenhang mit einer Mutation gefunden werden.

Diagnose

Zur Diagnose einer autoinflammatorischen Erkrankung ist in allererster Linie eine fundierte Kenntnis der klinischen Phänotypen von herausragender Bedeutung bzw. überhaupt der Gedanke, dass es sich bei einer Kasuistik um ein solches Syndrom handeln könnte. Gestützt wird eine solche Verdachtsdiagnose dann durch (relativ unspezifische) Laborparameter wie beschleunigte Blutsenkung, erhöhtes CRP, neutrophile Leukozytose, erhöhtes Serum-Amyloid-A (SAA) sowie Interleukin 6; Interleukin 1 selbst ist einer verlässlichen Messung nur schwer zugänglich. Beweisend für ein autoinflammatorisches Syndrom ist jedoch letztlich – oft – nur der genetische Nachweis einer Mutation (Sanger-Sequencing, „whole-exome/genome sequencing“) bzw. im Falle des Mevalonatkinase-Stoffwechsels der Nachweis des Enzymmangels.
In manchen Fällen können auch bei eindeutiger Konstellation genetische Tests ohne Ergebnis bleiben. Hier ist dann auch eine Therapie ohne beweisende Genetik gerechtfertigt, wie sie ja auch bei jenen autoinflammatorischen Syndromen ohne derzeit nachweisbare Mutation, z. B. Morbus Still oder Schnitzler-Syndrom, erfolgt.
Beweisend für ein autoinflammatorisches Syndrom ist oft nur der genetische Nachweis einer Mutation
Hervorgehoben sei nochmals die Amyloidose (Typ AA) als die am meisten gefürchtetste Konsequenz einer nicht erfolgten Behandlung (Herz, Niere).

Therapie

Therapeutisch ist meist (auch bei den pustulierenden Syndromen) eine Blockade von Interleukin 1 sinnvoll. Hierfür stehen die jeweils subkutan zu verabreichenden Substanzen wie Anakinra (Anti-Interleukin-1-Rezeptor-Antikörper; täglich), Canakinumab (Anti-Interleukin-1β-Antikörper; alle 8 Wochen) und Rilonacept (Fusionsprotein aus IL1-Rezeptor und IL1-Rezeptor-akzessorischem Protein, gekoppelt an ein FC-Fragment; wöchentlich) zur Verfügung. Bei sehr schweren Krankheitsbildern (z. B. NOMID/CINCA) müssen diese u. U. weit höher als normal üblich dosiert werden. Spezifische Therapeutika, welche bei autoinflammatorischen Erkrankungen Verwendung finden, sind beispielsweise Colchizin (FMF) und Etanercept (TRAPS). Es gibt noch keine gesichert erfolgreiche Therapie der MVA. Beim HIDS erwiesen sich Simvastatin, ein Inhibitor der HMG-CoA-Reduktase, und Anakinra als hilfreich.
Open access funding provided by Medical University of Vienna.

Einhaltung ethischer Richtlinien

Interessenkonflikt

P.M. Heil gibt an, dass kein Interessenkonflikt besteht.
Dieser Beitrag beinhaltet keine vom Autor durchgeführten Studien an Menschen oder Tieren.
Open Access Dieser Artikel wird unter der Creative Commons Namensnennung 4.0 International Lizenz (http://​creativecommons.​org/​licenses/​by/​4.​0/​deed.​de) veröffentlicht, welche die Nutzung, Vervielfältigung, Bearbeitung, Verbreitung und Wiedergabe in jeglichem Medium und Format erlaubt, sofern Sie den/die ursprünglichen Autor(en) und die Quelle ordnungsgemäß nennen, einen Link zur Creative Commons Lizenz beifügen und angeben, ob Änderungen vorgenommen wurden.
Literatur
1.
Zurück zum Zitat Krause K et al (2012) How not to miss autoinflammatory diseases masquerading as urticaria. Allergy 67:1465–1474 Krause K et al (2012) How not to miss autoinflammatory diseases masquerading as urticaria. Allergy 67:1465–1474
2.
Zurück zum Zitat Loock J et al (2010) Genetic predisposition (NLRP3 V198M mutation) for IL-1-mediated inflammation in a patient with Schnitzler syndrome. J Allergy Clin Immunol 125:500–502 Loock J et al (2010) Genetic predisposition (NLRP3 V198M mutation) for IL-1-mediated inflammation in a patient with Schnitzler syndrome. J Allergy Clin Immunol 125:500–502
3.
Zurück zum Zitat de Koning HD et al (2015) Myeloid lineage-restricted somatic mosaicism of NLRP3 mutations in patients with variant Schnitzler syndrome. J Allergy Clin Immunol 135:561–564 de Koning HD et al (2015) Myeloid lineage-restricted somatic mosaicism of NLRP3 mutations in patients with variant Schnitzler syndrome. J Allergy Clin Immunol 135:561–564
4.
Zurück zum Zitat Marrakchi S et al (2011) Interleukin-36-receptor antagonist deficiency and generalized pustular psoriasis. NEJM 365:620–628CrossRefPubMed Marrakchi S et al (2011) Interleukin-36-receptor antagonist deficiency and generalized pustular psoriasis. NEJM 365:620–628CrossRefPubMed
Metadaten
Titel
Autoinflammation in der Dermatologie
verfasst von
Dr. Peter Maximilian Heil
Publikationsdatum
01.02.2017
Verlag
Springer Vienna
Erschienen in
hautnah / Ausgabe 1/2017
Print ISSN: 1866-2250
Elektronische ISSN: 2192-6484
DOI
https://doi.org/10.1007/s12326-016-0221-5

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