Sebastian Schreiter / Springer V × Wissenschaftler am Institut für Molekulare Biotechnologie der Österreichischen Akademie der Wissenschaften (IMBA) konnten in Mäusen das Krankheitsbild einer angeborenen Immunschwäche nachstellen und eine Möglichkeit zur deren Behandlung aufzeigen. Ihre Erkenntnisse publizieren die Forscher jetzt im Fachmagazin Nature Genetics. Postdoktorand Gerald Wirnsberger aus der Gruppe von Josef Penninger am IMBA züchtete eine Mauslinie mit einer angeborenen Immunschwäche, bei der die Funktion der neutrophilen Granulozyten im Blut stark beeinträchtigt ist. Menschen, die von einer "schweren kongenitalen Neutropenie" betroffen sind, leiden häufig unter gravierenden Infektionen, weil sich ihr Körper nicht ausreichend gegen Bakterien- und Pilzinfektionen wehren kann. Ursache dieser Immunschwäche ist offenbar ein Defekt im Gen JAGN1. Zu dieser Erkenntnis kamen Ärzte und Wissenschaftler am Dr. von Haunerschen Kinderspital in München und dem CeMM Forschungszentrum für Molekulare Medizin in Wien, die diesen Gendefekt bei 14 Kindern fanden. "Dieses Forschungsprojekt ist ein großartiges Beispiel für eine gelungene internationale Zusammenarbeit", freut sich Josef Penninger, wissenschaftlicher Direktor am IMBA und Letztautor einer der beiden Studien. Den Partnern Christoph Klein und Kaan Boztug war es gelungen, betroffene Familien zu finden und den Gendefekt zu identifizieren. "Erst mit unserem Mausmodell war es aber möglich, die Krankheit tiefgründig und systematisch zu studieren und einen Vorschlag für eine mögliche neue Therapie zu machen", erläutert Penninger die Relevanz der genetischen Grundlagenforschung. Die IMBA Forscher konnten zeigen, dass das Immunsystem der Mäuse, die einen Defekt des Gens JAGN1 tragen, genauso wie beim Menschen hilflos vor allem gegen die Abwehr von Pilzinfektionen ist. Nach einer Infektion mit dem auch für den Mensch relevanten Pilz Candida albicans starben die Mäuse mit dem Gendefekt signifikant rascher als gesunde Mäuse. "In einem nächsten Schritt haben wir vorhandene und potenzielle Medikamente getestet und eine vielversprechende Entdeckung gemacht", freut sich Gerald Wirnsberger, Erstautor der IMBA Studie. Das derzeit eingesetzte Medikament G-CSF hilft nämlich bei Kindern mit einem JAGN1 Defekt nicht. Diese Kinder haben dann nur noch die Möglichkeit einer Knochenmarkstransplantation. Auch bei den gezüchteten Mäusen zeigte G-CSF keine Wirkung. Dafür brachte aber ein anderes Medikament, GM-CSF, durchschlagenden Erfolg. Mäuse, die damit behandelt wurden, kamen mit der Pilzinfektion besser zurecht und waren deutlich resistenter. Die Wissenschaftler testeten in einem weiteren Schritt das Medikament auch bei Knochenmarkszellen von Patienten und erzielten vielversprechende Erfolge. Nach der Behandlung zeigten sich die Zellen Pilzen gegenüber wieder abwehrfähig. Für die Patienten mit einem JAGN1 Gendefekt bedeutet dies, dass GM-CSF auch bei ihnen wirken könnte. Ob dem tatsächlich so ist, wird nun in klinischen Studien untersucht.