Leonardo da Vinci zugeschriebener Schädel Dr. K. Becker × Artikel erscheint im Springer Medizin-Fachjournal Wiener Medizinische Wochenschrift . Dr. Stefaan Missinne ist Belgier, unabhängiger Wissenschaftler und lebt in Wien. Er lieferte Beweise, nach denen ein anatomischer Miniaturschädel Leonardo da Vinci gehörte, dem Künstler, Anatomen und Erfinder der Renaissance. In einem wissenschaftlichen Beitrag, der in der Springer-Fachzeitschrift Wiener Medizinische Wochenschrift erscheint, datiert Missinne den Schädel auf das Jahr 1508 nach Christus. Im Jahr 1987 kaufte ein deutsches Paar in einem Antiquitätenladen ein kleines Artefakt, dem der Unterkiefer fehlt. Der Schädel ist nur etwa ein Drittel so groß wie ein menschlicher Schädel. Er ist teilweise hohl, spiegelt ausgezeichnete künstlerische Verarbeitung wider und enthält großartige anatomische Details. Aufgrund der Untersuchungen des französischen Schädelspezialisten Dr. Roger Saban aus Paris im Jahr 1996, bekamen die Eigentümer erste Hinweise, dass der Schädel mit Leonardo da Vinci in Zusammenhang gebracht werden konnte. Dr. Saban erkennt eine Verbindung mit der anatomischen Zeichnung RL 19057 Leonardos, die sich im Besitz der königlichen Sammlung auf Windsor Castle befindet. Die bis heute unveröffentlichte Zeichnung zeigt einen ähnlich verformten Schädel, dem der Unterkiefer fehlt. Die deutsche Universitätsabsolventin Elisabeth Ahner untersuchte neben anderen Aspekten die chemische Zusammensetzung des Schädels im Jahr 2007 für ihre Magisterarbeit. Auch Missinne selbst untersuchte den Schädel und ordnete ihn Leonardo da Vinci zu. Er meint, dass Leonardos künstlerische Aspekte wie seine „Grottesken"-Zeichnungen und sein Streben nach Miniaturisierung die wichtigste Verbindung zwischen der Optik und dem Gehirn hervorheben. Interessanterweise zeigen sowohl die Zeichnung RL 19057 als auch das Artefakt einen sehr detaillierten osteologischen Wissensstand und dieselben anatomischen Fehler. Laut Missinne spiegelt dies die mittelalterlichen Konzepte wider, wie sie in der Studie zur Optik von Roger Bacon in seinem unveröffentlichten Manuskript Opus Majus erwähnt werden. Leonardo bezog sich auf Bacons Arbeiten in seinem Codice Arundel 71v. Persönlicher „Handschmeichler" Den Wissenschaftlern ist kein anderer Schädel mit diesem außergewöhnlichen anatomischen Detailreichtum bekannt. Bei dem Schädel handelt es sich eindeutig um einen pathologischen Fall, der auch zeigt, wie die Sehkanäle mit dem Inneren des Schädels verbunden sind. Missinne bringt den Schädel deshalb mit der „Perspectiva Communis" und der Suche Leonardos nach dem Sitz der Seele in Verbindung. Zeitgenössische Schriften aus der Renaissance, wie beispielsweise aus dem Nachlass von Leonardos Assistent Salai, bestätigen den Besitz eines detailreichen Miniaturschädels aus Calcedonia. Missinne glaubt, dass der alternde, als melancholisch bekannte Künstler, den Schädel als seinen persönlichen „Handschmeichler" verwendete. Das seltene Element Iridium, das in einer Probe des Schädelmaterials gefunden wurde, und die Ergebnisse der chemischen Analyse führten bei Missinne zu der Überzeugung, dass der Schädel aus einer als „Mistioni" bezeichneten, Achat-basierten Mischung aus Quarz, Gips und anderen Bindematerialien von Leonardo Da Vinci hergestellt wurde. Leonardo erfand diese Mischung zwischen 1503 und 1509 bei seiner Forschung nach neuen Materialien. Nur von ihm ist bekannt, dass er mit diesem Material experimentiert hat. Die vergleichende chemische Analyse hat gezeigt, dass das Material mit dem „Achat-Alabaster" aus einer Grube in der Nähe von Volterra in Italien übereinstimmt. Auch die Abmessungen des Schädels entsprechen den florentinischen Maßeinheiten von Crazia und Braccia, wie sie in der Renaissance üblich waren. „Der Schädel wurde bereits mehrfach ausgestellt, zuletzt in Leoben in Österreich. Bisher hat niemand bezweifelt, dass dieser Schädel Leonardo da Vinci zugeordnet werden kann", sagt Missinne. Quelle: Missinne, S.J. (2014). The oldest anatomical handmade skull of the world c. 1508: 'The ugliness of growing old' attributed to Leonardo da Vinci, Wiener Medizinische Wochenschrift DOI 10.1007/s10354-014-0282-0