Skip to main content

Open Access 13.05.2024 | Recht

Klinische Prüfungen von Arzneimitteln

FAQs zur ärztlichen Aufklärung und Einwilligung

verfasst von: Dr. Paul Köglberger, PhD LL.M., Fabian Perschinka, Michael Joannidis, Nina Stingl, Christina Pirklbauer

Erschienen in: Wiener klinisches Magazin

insite
INHALT
download
DOWNLOAD
print
DRUCKEN
insite
SUCHEN

Zusammenfassung

Entscheidungsfähige Erwachsene können in klinische Prüfungen von Arzneimitteln nur selbst einwilligen. Bei Erwachsenen ohne vorliegende Entscheidungsfähigkeit kann der Erwachsenenvertreter stellvertretend im Interesse des Patienten entscheiden. Bei Minderjährigen ist unabhängig vom Vorliegen der Entscheidungsfähigkeit bei klinischen Prüfungen von Arzneimitteln die Einwilligung des Obsorgeberechtigten (zusätzlich) einzuholen. Bei der Erforschung von Krankheitsbildern in der Intensiv- und Notfallmedizin ist es nicht unüblich, dass Patienten auf Grund ihres Krankheitszustandes nicht entscheidungsfähig sind, daher muss bereits bei der Studienplanung das Vorgehen zum Einschluss nicht entscheidungsfähiger Patienten im Protokoll genau festgelegt werden sowie eine geeignete Patienteninformation und Einwilligungserklärung (Informed Consent Form, ICF) für den jeweiligen in Frage kommenden Adressaten der Aufklärung vorbereitet werden. Dieser Artikel soll praxisorientiert die wichtigsten Aspekte der ärztlichen Aufklärung und Einwilligung bei klinischen Prüfungen von Arzneimitteln vermitteln. Neben den einheitlich geltenden Normen in der Europäischen Union berücksichtigt dieser Artikel weiters ausschließlich die nationale Rechtslage Österreichs.
Hinweise
Wegen der besseren Lesbarkeit wird im Text auf die gleichzeitige Verwendung der weiblichen, männlichen und diversen Personenbegriffe verzichtet. Gemeint und angesprochen sind – sofern zutreffend – immer alle drei (männlich, weiblich, divers) Geschlechter.
QR-Code scannen & Beitrag online lesen

Hinweis des Verlags

Der Verlag bleibt in Hinblick auf geografische Zuordnungen und Gebietsbezeichnungen in veröffentlichten Karten und Institutsadressen neutral.
Ziel dieses Artikels ist es, in komprimierter Form wesentliche praxisrelevante Informationen zum Thema klinische Prüfungen von Arzneimitteln zu erläutern sowie essenzielle Aspekte der damit verbundenen ärztlichen Aufklärung und Einwilligung basierend auf den bestehenden europäischen und nationalen Normen zu vermitteln. Allgemeines zur ärztlichen Aufklärung und Einwilligung [2] sowie zur Patientenverfügung, Vorsorgevollmacht und Erwachsenenvertretung [3] kann an hier zitierten Stellen nachgelesen werden. Entsprechend wird im Folgenden auf die speziellen Aspekte im Zusammenhang mit der Durchführung von klinischen Prüfungen von Arzneimitteln eingegangen.

Allgemeine Aspekte bei der Durchführung von klinischen Prüfungen von Arzneimitteln

Die Guideline for Good Clinical Practice ICH-GCP E6 (R2)1, die Verordnung des Europäischen Parlaments und Rates (EU) Nr. 536/2014 (Clinical Trials Regulation oder CTR)2, das Arzneimittelgesetz (AMG)3 und das 2. Erwachsenenschutz-Gesetz4 sind nicht nur wesentliche Rechtsquellen und Regularien, sondern stellen all jene die klinische Prüfungen durchführen wollen, vor große Herausforderungen in der Praxis.
Die CTR ist seit 31.01.2022 in Geltung und regelt in der Europäischen Union klinische Prüfungen von Humanarzneimitteln. Bis zum 30.01.2023 konnten klinische Prüfungen sowohl nach der vorhergehenden Richtlinie 2001/20/EG5 als auch nach der CTR über das Clinical Trials Information System (CTIS)6 der Europäischen Arzneimittel-Agentur (European Medicines Agency, EMA)7 eingereicht werden. Entsprechend sind seit 31.01.2023 Erstanträge von klinischen Prüfungen in der EU/im EWR nur mehr nach der CTR über CTIS möglich. Mit 31.01.2025 wird die CTR die einzige Norm sein, die klinische Prüfungen von Arzneimitteln in der Europäischen Union regelt. Die Richtlinie 2001/20/EG wird damit gänzlich abgelöst8.
Im EU-Schnitt wurden 2022 rund 80 % der klinischen Prüfungen von der pharmazeutischen Industrie durchgeführt (Industrie-gesponsert) und 20 % von akademischen Wissenschaftlern (akademisch gesponsert). In Österreich lag der Anteil akademischer Studien mit ca. 24 % etwas über dem Durchschnitt, hat allerdings 2022 im Vergleich zu den Vorjahren einige Prozentpunkte verloren9, 10. Dabei hat auch die Anzahl der Erstanträge 2022 gegenüber dem Vorjahr leicht abgenommen. Akademische Studien sind im Vergleich zum Vorjahr um mehr als 10 % zurückgegangen. Trotz einem leichten Anstieg der kommerziellen Studien führte dies nicht zu einem Ausgleich der Gesamtzahl. Dafür wird seitens des Bundesamtes für Sicherheit im Gesundheitswesen einerseits der Angleich der Gebühren für die Bearbeitung (Ethikkommission und Behörde) von akademischen Studien (bisher deutlich geringer) an industrielle Studien und andererseits die formalen und technischen Anforderungen des CTIS gesehen10.
Auf nationaler Ebene in Österreich sind mehrere Stakeholder an der erfolgreichen Implementierung klinischer Prüfungen von Arzneimitteln beteiligt und für jene, die eine klinische Prüfung durchführen wollen, essenzielle Kooperationspartner. Im Bereich klinischer Forschung ist der Ort der Durchführung von klinischen Prüfungen von Arzneimitteln in der Regel eine öffentliche Krankenanstalt bzw. eine Universitätsklinik (Forschungseinrichtungen). Essenzielle Bewertungen und Begutachtungen dieses Prozesses erfolgen durch die zuständigen Ethikkommissionen und die Behörde (Bundesamt für Sicherheit im Gesundheitswesen). Als Voraussetzung für die Durchführung ist die positive Bewertung der zuständigen Ethikkommission und Behörde zu nennen. Vor der Initiierung der Studie am Studienzentrum bzw. begleitend während der Studiendurchführung bis hin zum Abschluss der Studie braucht es ein Monitoring zur Überwachung der Durchführung der klinischen Prüfung, das bei den meisten Universitätskliniken über ein Kompetenzzentrum für klinische Studien erfolgt11. Die verantwortliche Person bei der Durchführung einer klinischen Prüfung an einer Prüfstelle ist der Hauptprüfer/Prüfer (Prüfarzt; Art. 2 CTR). Hauptprüfer ist der verantwortliche Leiter eines Prüferteams und muss ein in Österreich zur selbstständigen Berufsausübung berechtigter Arzt bzw. Zahnarzt sein sowie über die entsprechenden Kenntnisse und Erfahrungen im Zusammenhang mit der Durchführung klinischer Studien im jeweiligen Indikationsgebiet verfügen. Der Nachweis obliegt dem Prüfer, die Beurteilung der Eignungskriterien des Prüfers obliegt der Ethikkommission (§ 43 AMG). Ebenfalls ist gegenüber dem Sponsor ein entsprechender Nachweis zu erbringen. Dem Sponsor obliegt die Gesamtverantwortung bei einer klinischen Prüfung, insbesondere die Verantwortlichkeit in Bezug auf die Sicherheit der Prüfungsteilnehmer und die Zuverlässigkeit und Belastbarkeit der im Rahmen einer klinischen Prüfung gewonnenen Daten. Dabei kann eine Person gleichzeitig Prüfer und Sponsor sein. Diese Konstellation findet sich unter anderem öfter bei akademischen Eigenstudien.
Im Folgenden sollen basierend auf den geltenden Normen und Regularien häufige, sich in der Praxis bei der Durchführung von klinischen Prüfungen von Arzneimitteln für den Prüfarzt bzw. das Prüferteam ergebende Fragen zum Thema ärztliche Aufklärung und Einwilligung beantwortet werden.

FAQs zur ärztlichen Aufklärung und Einwilligung im Rahmen von klinischen Prüfungen von Arzneimitteln nach VO (EU) 536/2014

Folgenden Ausführungen liegen vorrangig einschlägige Normen (VO [EU] 536/2014, AMG, ABGB, 2. Erwachsenenschutz-Gesetz, ÄrzteG, PatVG und StGB) als Rechtsquellen zu Grunde. Weiters findet die herrschende österreichische Judikatur (insbesondere OGH-Rechtsprechung) Berücksichtigung. An dieser Stelle soll ausdrücklich darauf hingewiesen werden, dass folgende Antworten aufgrund der Komplexität des Themas keinesfalls als abschließend oder vollständig zu betrachten sind. Die Antworten sollen diese komplexe Materie, die sich über diverse nationale und europäische/internationale Rechtsquellen und Regularien erstreckt, kompakt zusammenfassen und als Leitfaden für die klinische Praxis für Prüfärzte und das Studienpersonal dienen.
Allgemein ist festzuhalten, dass die verschiedenen sprachlichen Versionen (z. B. Englisch, Französisch und Deutsch etc.) der Verordnung (EU) Nr. 536/2014 des Europäischen Parlaments und des Rates in der jeweiligen Version authentisch sind und damit alle sprachlichen Versionen hinsichtlich ihrer Gültigkeit und Anwendbarkeit gleichgestellt sind. In Bezug auf Wiedersprüche zwischen verschiedenen einschlägigen Normen (z. B. EU-Verordnung vs. nationales Gesetz) gilt, dass die ranghöhere Norm (EU-Verordnung) anzuwenden ist. Historisch und teleologisch steht bei der Auslegung und Anwendung sämtlicher Normen, die im Zusammenhang mit klinischen Prüfungen von Arzneimitteln stehen, der Gesundheitsschutz der Prüfungsteilnehmer bzw. Patienten im Zentrum. Überdies können bspw. das Studienprotokoll, lokale Standardvorgehensweisen (SOPs) oder Dienstanweisungen im konkreten Einzelfall „strengere oder konkretere“ Regelungen als die geltenden Gesetze vorsehen. Hinsichtlich der Rechtskonformität der inhaltlichen Grundlage der ärztlichen Aufklärung und Einwilligung, nämlich der Patienteninformation und Einwilligungserklärung (Informed Consent Form, ICF), im Rahmen von klinischen Prüfungen von Arzneimitteln erfolgt eine medizinische, juristische und ethische Begutachtung ex ante der Durchführung der klinischen Prüfung beim Einreichen der Studienunterlagen in CTIS. Eine Beurteilung der Rechtskonformität der ärztlichen Aufklärung und Einwilligung hinsichtlich etwaiger Rechtsbegehren kann naturgemäß nur ex post erfolgen. Dabei wird immer auf den konkreten Einzelfall in der konkreten Situation abgestellt werden. Daher kann man sich ex ante lediglich an den gültigen Normen, pauschalen Leitsätzen bzw. der bisherigen Rechtsprechung orientieren, welche in dieser Arbeit berücksichtigt wurden.
Eine Verallgemeinerung der Ausführungen und Ergebnisse dieser Arbeit ist insoweit möglich, als die Normen und Regulativen bei klinischen Prüfungen von Arzneimitteln die „strengsten“ im Bereich der klinischen Forschung darstellen und somit auch bei der praktischen Durchführung der höchste Sorgfaltsmaßstab anzuwenden sein wird.

Frage 1: Was ist Sinn und Zweck der ärztlichen Aufklärung bei klinischen Prüfungen von Arzneimitteln?

Die körperliche Integrität eines Patienten unterliegt einem besonderen rechtlichen, sogar strafrechtlichen Schutz. Auch eine Heilbehandlung stellt einen Eingriff in die körperliche Integrität dar und erfordert zu ihrer Legitimierung die Einwilligung der betroffenen Person. Laut österreichischer Judikatur kann selbst eine lege artis durchgeführte Heilbehandlung per se als rechtswidrig betrachtet werden und verliert nur dann ihre Rechtwidrigkeit, wenn der Patient in die Behandlung einwilligt (siehe bspw. OGH 07.08.2007, 4 Ob 137/07m; OGH 25.07.2023, 2 Ob 123/23m). Hintergrund ist nicht nur der Schutz der körperlichen Integrität, sondern auch das Recht auf Selbstbestimmung einer jeden Person. Eine wirksame Einwilligung in eine klinische Prüfung setzt eine umfassende Aufklärung voraus. Die Anforderungen an die Aufklärung im Rahmen einer klinischen Prüfung sind noch detaillierter geregelt wie im sonstigen klinischen Geschehen. Spezielle Vorgaben finden sich in der CTR, dem AMG und vor allem auch in der ICH-GCP E6 (R2) Leitlinie. Im Konkreten bedeutet dies, dass das Wesen, die Ziele, der Nutzen, die Folgen, die Risiken und die Nachteile der klinischen Prüfung sowie beispielsweise auch die Rechte und Garantien, die zum persönlichen Schutz zustehen, vom potenziellen Prüfungsteilnehmer verstanden werden müssen. Es muss klar sein, für welche Dauer und unter welchen Bedingungen die klinische Prüfung durchgeführt wird, welche alternativen Behandlungsmöglichkeiten bestehen, und welche Nachsorgemaßnahmen getroffen werden, wenn die Teilnahme an der klinischen Prüfung abgebrochen wird. Letztlich muss die Aufklärung umfassend, knapp, klar, zweckdienlich und für Laien verständlich sein. Der notwendige Inhalt einer schriftlichen und mündlichen Aufklärung im Detail ergibt sich aus den gesetzlichen und ethischen Vorgaben (CTR, AMG und ICH-GCP E6 [R2]) sowie dem Studienprotokoll. Vorlagen können beispielsweise über die Homepage der österreichischen Ethikkommissionen (https://​me001ned.​edis.​at/​ethikkommission/​index.​html) abgerufen werden, und es sind jedenfalls auch die formalen Vorgaben durch die CTR zu beachten. Um in eine medizinische Behandlungsmaßnahme einwilligen zu können, muss der Patient entscheidungsfähig sein: „Entscheidungsfähig ist, wer die Bedeutung und die Folgen seines Handelns im jeweiligen Zusammenhang verstehen, seinen Willen danach bestimmen und sich entsprechend verhalten kann. Dies wird im Zweifel bei Volljährigen vermutet.
Ist der Prüfungsteilnehmer nicht in der Lage, seine Einwilligung nach Aufklärung zu erteilen, so ist sein gesetzlicher Vertreter in gleicher Art und Weise zu informieren bzw. aufzuklären, um stellvertretend für diesen in eine medizinische Behandlung einwilligen zu können (siehe Frage 3).
Da klinische Prüfungen von Arzneimitteln in unterschiedlichen klinischen Settings und Patientenkollektiven durchgeführt werden, soll Abb. 1 zur didaktischen Verdeutlichung der idealistischen Modellvorstellung des Zusammenhangs von Entscheidungsfähigkeit und dem Grad der Bewusstseinsstörung dienen.

Frage 2: Welche Personen dürfen die ärztliche Aufklärung bei klinischen Prüfungen von Arzneimitteln durchführen?

Bei der Aufklärung handelt sich um einen Teil der ärztlichen Behandlung, die unter den Ärztevorbehalt fällt. Es dürfen grundsätzlich alle Ärzte, nicht nur der Hauptprüfer (Principal Investigator, PI) oder zur selbstständigen Berufsübung berechtigte Ärzte, die in die Ärzteliste der österreichischen Ärztekammer12 eingetragen sind, bei klinischen Prüfungen von Arzneimitteln die Aufklärung von Prüfungsteilnehmern durchführen. Voraussetzung ist, dass diese Kompetenz durch den Hauptprüfer nach einer Absolvierung eines Trainings auf die Studie den ärztlichen Mitgliedern des Prüferteams zugeteilt wird und dies im Delegation Log vermerkt wird. Die Delegierung der Aufklärung an nichtärztliches Personal wäre entsprechend unzulässig.

Frage 3: Wer ist der Adressat der ärztlichen Aufklärung bei klinischen Prüfungen, und von wem ist die Einwilligung einzuholen?

Volljährige Personen können in eine medizinische Behandlung, soweit sie entscheidungsfähig sind, nur selbst einwilligen.
Im Falle einer volljährigen Person mit Erwachsenenvertreter kann dieser stellvertretend, nach individueller Nutzen-Risiko-Abwägung und nach erfolgter ärztlicher Aufklärung, im Interesse des Vertretenen der Teilnahme an der klinischen Prüfung zustimmen. Zur rechtlich vorgesehenen Vorgehensweise im Falle eines Dissens zw. dem (natürlichen) Willen des Patienten und der Entscheidung des Erwachsenenvertreters hinsichtlich der Teilnahme an einer klinischen Prüfung von Arzneimitteln siehe Frage 14.
Bei Minderjährigen hat jedenfalls ein gesetzlicher Vertreter (mit Pflege und Erziehung betraut) seine Einwilligung über die Teilnahme nach erfolgter Aufklärung zu erteilen. Liegt beim Minderjährigen eine Entscheidungsfähigkeit vor, ist zusätzlich dessen Einwilligung über die Teilnahme nach erfolgter Aufklärung zu erteilen. Ex lege wird im Zweifel das Vorliegen dieser Entscheidungsfähigkeit bei mündigen Minderjährigen (≥ 14 Jahre) vermutet. Diese kann aber auch schon bei jüngeren Personen vorliegen, die Beurteilung obliegt dem aufklärenden bzw. behandelnden Prüfarzt.
Einen Überblick zu obigen Ausführungen gibt Tab. 1. In jedem Fall muss eine entscheidungsunfähige erwachsene Person bzw. eine entscheidungsfähige minderjährige Person Informationen über die klinische Prüfung in einer Form erhalten, die seiner Fähigkeit, diese zu begreifen, angemessen ist (Art 32 Abs 1 lit b CTR), sofern dies grundsätzlich nicht unmöglich ist (e.g. Notfall‑/Intensivpatienten). Hinsichtlich Unterstützungsmaßnahmen zur möglichen Willensfindung/Herstellung der Entscheidungsfähigkeit bei beeinträchtigten Patienten siehe Frage 12.
Tab. 1
Juristische Entscheidungsfähigkeit in klinische Prüfungen von Arzneimitteln nach Alter sowie die entsprechenden Adressaten der Aufklärung bzw. der berechtigten Person zur Einwilligung. (Nach Köglberger und Postl-Kohla [2])
Patientengruppen nach Alter
Entscheidungsfähig^
Adressat für ärztliche Aufklärung (gesetzlicher Vertreter)
Kinder und unmündige Minderjährige < 14 Jahre
Nein
Obsorgeberechtigte*
Unmündige Minderjährige < 14 Jahre
Ja
Patient° und Obsorgeberechtigte*
Mündige Minderjährige ≥ 14 und < 18 Jahre
Ja
Patient° und Obsorgeberechtigte*
Erwachsene ≥ 18 Jahre
Ohne Erwachsenenvertreter
Ja
Patient°
Mit Erwachsenenvertreter
Nein
Erwachsenenvertreter*
^ Über Vorliegen der Entscheidungsfähigkeit entscheidet der aufklärende Arzt
° Zweifel an Entscheidungsfähigkeit, herstellbar mit Vertrauensperson (Person mit besonderem rechtlichen oder sozialen Verhältnis zum Patienten)
* Hat/haben nach Patientenwillen und im Patienteninteresse zu entscheiden (bei Dissens ggf. Pflegschaftsgericht)

Frage 4: Wer kann nicht in eine klinische Prüfung von Arzneimitteln einwilligen/eingeschlossen werden?

Personen die den Präsenzdienst (Wehr- und Zivildienst) ableisten, gerichtlich oder behördlich an- bzw. festgehalten werden oder gemäß dem Unterbringungsgesetz untergebracht sind, sind als besonders schützenwürdige Personengruppen ex lege von der Teilnahme an klinischen Prüfungen ausgeschlossen. Weiters können Patienten, die nicht entscheidungsfähig sind und die vorab einen Einschluss in klinische Prüfungen für sich ausgeschlossen haben oder bei denen spezielle Anhaltspunkte für eine derartige Ablehnung bestehen, nicht in eine klinische Prüfung eingeschlossen werden.

Frage 5: Auf welche formalen Anforderungen ist im Rahmen der ärztlichen Aufklärung und Einholung der Einwilligung bei klinischen Prüfungen von Arzneimitteln zu achten?

Im Rahmen der ärztlichen Aufklärung und Einholung der Einwilligung ist jedenfalls konkret Bezug auf die jeweilige Studie zu nehmen, auf eine ausreichende sprachliche Verständlichkeit bei der mündlichen Aufklärung sowie der schriftlichen Patienteninformation (z. B. altersgerechte Sprache bei Minderjährigen) zu achten und der richtige Aufklärungsadressat zu wählen. Neben einer kurzen laienverständlichen Zusammenfassung am Ende der Patienteninformation (bei ICF ≥ 10 Seiten zwingend erforderlich) ist auf den Versicherungsschutz, die Freiwilligkeit der Teilnahme und den anwendbaren Datenschutz Bezug zu nehmen. Die Verweigerung der Teilnahme hat ohne nachteilige Folgen für die weitere medizinische Versorgung zu bleiben. Die schriftliche Einwilligungserklärung ist integraler Bestandteil des ICF (ein durchgängiges Dokument, ohne Seitenumbruch vor der Einwilligungserklärung). Der Patient hat das Dokument am Ende persönlich zu datieren und unterfertigen. Ist dies rein aus physischen Gründen nicht möglich (Entscheidungsfähigkeit gegeben), kann die Einwilligung in geeigneter alternativer Weise in Anwesenheit mindestens eines unparteiischen Zeugen erteilt und aufgezeichnet werden. Dabei sind die Daten und die datierte Unterschrift der bezeugenden Person am Dokument zur Einwilligung nach Aufklärung festzuhalten.
Ist der Einschluss von Prüfungsteilnehmern geplant, die der deutschen Sprache nicht mächtig sind, müssen Unterlagen für diese Prüfungsteilnehmer in beglaubigter Übersetzung in einer Sprache vorliegen, die der Prüfungsteilnehmer versteht. Der mündlichen Aufklärung und weiteren Gesprächen mit dem Patienten ist ein unabhängiger, geeigneter Übersetzer, im besten Fall Berufsdolmetscher, beizuziehen.

Frage 6: Zu welchem Zeitpunkt ist bei klinischen Prüfungen von Arzneimitteln die ärztliche Aufklärung durchzuführen und die Einwilligung einzuholen?

Grundsätzlich ist durch ein ärztliches Aufklärungsgespräch zu informieren und die entsprechende Einwilligung vor Einschluss in die Studie und vor jeglicher studienassoziierten Maßnahme einzuholen. War der Studienteilnehmer zum Zeitpunkt des Einschlusses in die Studie nicht entscheidungsfähig (einwilligungsfähig) und wurde die Einwilligung nach erfolgter Aufklärung durch einen gesetzlich legitimierten Vertreter erteilt, ist, sobald der Studienteilnehmer/Patient die Entscheidungsfähigkeit wiedererlangt, dieser aufzuklären und dessen Einwilligung dennoch einzuholen.

Frage 7: Welche Pflichten ergeben sich für die Patienten nach Einwilligung in eine klinische Prüfung von Arzneimitteln?

Der Patient als Studienteilnehmer hat sich an die Vorgaben des ICF/Patienteneinverständniserklärung, über welche er aufgeklärt wurde, zu halten. Je eher sich der Patient an den Prüfplan bzw. das Studienprotokoll hält, desto aussagekräftiger und verlässlicher werden die Studienbeobachtungen und -ergebnisse. Eine durchsetzbare Pflicht zur Befolgung des Prüfplans wird bei Non-Compliance dennoch nicht ableitbar sein. Der Prüfplan sollte a priori festlegen, wie mit Non-Compliance umzugehen ist. Letztlich muss ein Ausschluss des Prüfungsteilnehmers aus der Studie oder die Nichtverwertung der Daten mangels Aussagekraft in Betracht gezogen werden, um die Studienergebnisse nicht zu verfälschen. Jedenfalls gilt für den Patienten eine Mitwirkungspflicht an seiner Heilbehandlung hinsichtlich etwaiger späterer Schadenersatzansprüche unabhängig von der klinischen Prüfung.

Frage 8: Haben Patienten, die in eine klinische Prüfung von Arzneimitteln eingewilligt haben, eine Möglichkeit, die Studie vorzeitig zu beenden?

Jeder Prüfungsteilnehmer kann seine Teilnahme an der klinischen Prüfung jederzeit durch Widerruf seiner Einwilligung beenden, ohne dass ihm daraus ein Nachteil entsteht (insbesondere hinsichtlich weiterer medizinischer Versorgung) und ohne dass er dies in irgendeiner Weise begründen müsste. Der Widerruf der Einwilligung nach Aufklärung hat keine Auswirkungen auf Tätigkeiten, die auf der Grundlage der Einwilligung nach Aufklärung bereits vor deren Widerruf durchgeführt wurden, oder auf die Verwendung der auf dieser Grundlage erhobenen Daten.

Frage 9: Welche Voraussetzungen gelten für den Einschluss von Kindern und Minderjährigen bei klinischen Prüfungen von Arzneimitteln?

Neben einer dem Alter und der geistigen Reife des Minderjährigen entsprechenden ICF sind wissenschaftliche Gründe für die Erwartung, dass die Teilnahme an der klinischen Prüfung einen direkten Nutzen für den betroffenen Minderjährigen zur Folge haben wird, der den Risiken und Belastungen überwiegt, oder einen Nutzen für die Bevölkerungsgruppe, zu der der betroffene Minderjährige gehört, zur Folge haben wird und der betroffene Minderjährige im Vergleich zur Standardbehandlung seiner Krankheit durch die klinische Prüfung nur einem minimalen Risiko und einer minimalen Belastung ausgesetzt wird, vorausgesetzt. Besonders bei längerfristigen klinischen Prüfungen ist die Entwicklung der geistigen Reife und des Alters des Minderjährigen zu berücksichtigen und ggf. die ausdrückliche Einwilligung nach Aufklärung zur Weiterführung als Studienteilnehmer einzuholen. Dies ist jedenfalls der Fall, sobald der Patient die Entscheidungsfähigkeit (im Zweifel ≥ 14 Jahre) erlangt.

Frage 10: Können schwangere und stillende Frauen in klinische Prüfungen von Arzneimitteln eingeschlossen werden?

Grundsätzlich können schwangere und stillende Frauen an klinischen Prüfungen teilnehmen. Wenn sie von der Teilnahme ausgeschlossen sind oder die Teilnahme beschränkt ist, muss dies explizit ausgeführt werden. Die klinische Prüfung sollte einen direkten Nutzen für die betroffene schwangere oder stillende Frau oder ihren Embryo oder Fötus oder ihr Kind nach der Geburt zur Folge haben, der die Risiken und Belastungen einer Teilnahme an der Prüfung überwiegt. Auf einen ausreichenden Versicherungsschutz soll bei dieser schutzbedürftigen Studienpopulation besonders hingewiesen werden.
Bei nichtschwangeren, stillenden Frauen und zeugungsfähigen Männern sei auf die mögliche medizinische Notwendigkeit geeigneter Verhütungsmaßnahmen im Rahmen der klinischen Prüfung hingewiesen.

Frage 11: Können Notfallpatienten in klinische Prüfungen von Arzneimitteln eingeschlossen werden?

Notfallpatienten können als Prüfungsteilnehmer in eine klinische Prüfung einbezogen werden, wenn bestimmte Voraussetzungen erfüllt sind (Art. 35 CTR), die im Wesentlichen auf die Sicherheit der Prüfungsteilnehmer abzielen und darauf, dass keine vergleichbaren wissenschaftlichen Erkenntnisse in einer anderen Studienpopulation generiert werden können. Bei Letzterem wird insbesondere auf das Subsidiaritätsprinzip von entscheidungsfähigen gegenüber nicht entscheidungsfähigen Patientengruppen abzustellen sein. Besonders in der Intensiv- und Notfallmedizin ergibt sich oftmals das Problem, dass Patienten unvermittelt nur sehr eingeschränkt oder gar keine eigenen Entscheidungen treffen können [1]. Gibt es einen gesetzlichen Vertreter (Obsorgeberechtigter oder Erwachsenenvertreter), der als Adressat für die ärztliche Aufklärung und Einwilligung zur Verfügung steht, ist diese Person alsbald hinsichtlich des Studieneinschlusses bzgl. der ärztlichen Aufklärung und Einwilligung zu kontaktieren. Wenn auf Grund des frisch eingetretenen Verlustes der Entscheidungsfähigkeit kein gesetzlicher Vertreter zur Verfügung steht, so ist der Patient, sobald dieser die Entscheidungsfähigkeit wiedererlangt, zu adressieren oder sein Erwachsenenvertreter, sobald dieser bestimmt wurde – je nachdem, was eher möglich ist. Letztlich ist immer die ärztliche Aufklärung und Einwilligung (auch) beim Studienteilnehmer durchzuführen, sobald dies möglich ist bzw. dessen Entscheidungsfähigkeit vorliegt bzw. wiedererlangt wurde. Erlangt der Patient die Entscheidungsfähigkeit nicht mehr oder verstirbt, ist zu dokumentieren, dass eine ärztliche Aufklärung und Einwilligung durch den Patienten daher nicht möglich waren. Weiters dürfen keine beachtlichen Hinweise für den Prüfarzt vorliegen, die Einwände seitens des Patienten gegen die Teilnahme an der klinischen Prüfung beinhalten. Im Zweifel ist davon auszugehen, dass ein Patient eine medizinisch indizierte und sinnvolle Behandlung möchte, dies wird auch dann gelten, wenn diese im Rahmen einer klinischen Prüfung erfolgt.
Sollen Notfallpatienten in eine Studie eingeschlossen werden, ist eine positive Nutzen-Risiko-Abwägung im Voraus im Prüfplan darzulegen, die im Ergebnis unter Umständen einen direkten klinisch relevanten Nutzen für die Prüfungsteilnehmer zur Folge hat. Weiters soll besonders auf einen ausreichenden Versicherungsschutz bei dieser schutzbedürftigen Studienpopulation hingewiesen werden.

Frage 12: Wie kann man einen in der Willensfindung beeinträchtigten Patienten bei der ärztlichen Aufklärung im Rahmen von klinischen Prüfungen unterstützen, um letztlich eine selbstbestimmte Entscheidung hinsichtlich der medizinischen Maßnahmen im Rahmen der Studie zu treffen?

Bleibt ein Patient trotz empathischer, persönlicher und umfänglicher ärztlicher Aufklärung hinsichtlich der Studienteilnahme unentschlossen und hat der Prüfarzt Zweifel an der Entscheidungsfähigkeit des volljährigen Patienten, kann dem Patienten bei der Entscheidungsfindung eine Vertrauensperson bzw. ein „Unterstützerkreis“ zur Seite stehen, aber nicht die Entscheidung abnehmen. Der Prüfarzt hat sich gemäß § 252 Abs 2 ABGB nachweislich zu bemühen, die Person dabei zu unterstützen, ihre Entscheidungsfähigkeit zu erlangen – dies durch Beiziehung von Angehörigen, Vertrauenspersonen und im Umgang mit Menschen in solchen schwierigen Lebenslagen besonders geübten Fachleuten. Andererseits hat der Arzt dies zu unterlassen, soweit der Patient zu erkennen gibt, dass er mit der beabsichtigten Beiziehung anderer und der Weitergabe von medizinischen Informationen nicht einverstanden ist. Eine volljährige Person kann in eine medizinische Behandlung, soweit sie entscheidungsfähig ist, letztlich nur selbst einwilligen.
Der Begriff „Vertrauensperson“ ist dabei nicht näher definiert und umfasst prinzipiell jede Person, der der Patient vertraut.

Frage 13: Wie ist bei Vorhandensein einer Vorsorgevollmacht oder Erwachsenenvertretung bei klinischen Prüfungen von Arzneimitteln vorzugehen?

In einer Vorsorgevollmacht wird durch den Patienten zum Zeitpunkt der (noch) vorliegenden Entscheidungsfähigkeit eine Person bestimmt, die den Patienten rechtswirksam in bestimmtem Umfang (z. B. medizinische Belange) vertreten kann, wenn dieser nicht mehr entscheidungsfähig ist. Die Vorsorgevollmacht entfaltet ihre Wirkung durch den Eintritt eines Vorsorgefalls (Verlust der Entscheidungsfähigkeit des Patienten/Vollmachtgeber), der im Österreichischen Zentralen Vertretungsverzeichnis (ÖZVV) von einem Notar, Rechtsanwalt oder Erwachsenenschutzverein eingetragen werden muss.
Ein Erwachsenenvertreter (gewählt, gesetzlich, gerichtlich) ist eine Person, die einen Patienten rechtswirksam in bestimmten Angelegenheiten (z. B. medizinische Belange) vertreten kann. Alle Formen der Erwachsenenvertretung bedürfen zu ihrer Wirksamkeit der Eintragung in das ÖZVV. Die gerichtliche Erwachsenenvertretung wird bereits mit Gerichtsbeschluss wirksam, also noch vor Eintrag in das ÖZVV.
Tritt jemand glaubwürdig und unter Vorlage eines entsprechend gültigen Nachweises (ÖZVV-Auszug oder Gerichtsbeschluss) als Vorsorgebevollmächtigter oder Erwachsenenvertreter gegenüber dem Prüfarzt auf, wird dieser in Treu und Glauben darauf vertrauen können, dass die Angaben der Wahrheit entsprechen. Damit ist die darin bestimmte Person Adressat der Aufklärung und kann stellvertretend über die Teilnahme des Patienten an der Studie entscheiden. Jedenfalls wird auch dem Patienten der Grund und die Bedeutung der klinischen Prüfung zu erläutern sein – soweit möglich und seinem Wohl nicht abträglich. Im Zweifel ist davon auszugehen, dass ein Patient eine medizinisch indizierte und sinnvolle Behandlung möchte.

Frage 14: Welche Möglichkeiten stehen im Falle eines Dissens hinsichtlich der Einwilligung in eine klinische Prüfung von Arzneimitteln zur Verfügung?

Ist die volljährige Person nicht entscheidungsfähig, bedarf es der Zustimmung ihres Erwachsenenvertreters. Ein Erwachsenenvertreter kann nur rechtswirksam zustimmen, sofern er für die Regelung von medizinischen Angelegenheiten überhaupt bestimmt worden ist (siehe §§ 253 und 254 ABGB). Bei der Entscheidungsfindung hat sich dieser vom (mutmaßlichen) Willen der vertretenen Person leiten zu lassen. Folglich kann es zwischen einem nicht entscheidungsfähigen Volljährigen und seinem Erwachsenenvertreter zu entgegengesetzten Willensableitungen bzw. zu einem Dissens in der Entscheidungsfindung kommen. Eine solche Situation kann auch bei (entscheidungsfähigen) Minderjährigen und ihren gesetzlichen Vertretern eintreten. In diesen Fällen bedarf es sodann einer pflegschaftsgerichtlichen Entscheidung.
Im Falle eines Widerspruchs zwischen dem erkennbaren Willen des Patienten und der Entscheidung des Vorsorgebevollmächtigten oder Erwachsenenvertreters/Obsorgeberechtigten bedarf es somit zur Klärung der Befassung des Pflegschaftsgerichts. Dabei sollte eine sorgfältige Risiko-Nutzen-Abwägung hinsichtlich des Einschlusses des Patienten und der damit verbundenen Befassung des Gerichts durchgeführt werden. Je fraglicher der Nutzen, desto defensiver sollte man hinsichtlich des Studieneinschlusses vorgehen, um dem allgemeinen Vertrauen in die Wissenschaft seitens der Patienten nicht abträglich zu agieren.

Frage 15: Was ist eine Patientenverfügung und welche Konsequenzen ergeben sich bei klinischen Prüfungen von Arzneimitteln daraus?

Bei der Patientenverfügung handelt es sich um eine Willenserklärung, in der eine medizinische Behandlung für einen zukünftigen Zeitpunkt, in welchem der Patient nicht mehr entscheidungsfähig ist, abgelehnt wird. Eine verbindliche Patientenverfügung ist maximal acht Jahre ab Errichtung gültig, außer der Patient kann sie mangels Entscheidungsfähigkeit nicht erneuern. Eine Änderung oder Erneuerung der Patientenverfügung verlängert die Gültigkeit um weitere acht Jahre. Eine verbindliche Patientenverfügung muss die medizinischen Behandlungen, die Gegenstand der Ablehnung sind, konkret beschreiben bzw. müssen sie eindeutig aus dem Gesamtzusammenhang hervorgehen. Allgemeine Formulierungen (wie z. B. das Verbot eines „menschenunwürdigen Daseins“) reichen nicht aus für die Gültigkeit der Verfügung.
Die Nichtbeachtung einer verbindlichen Patientenverfügung kann für den Prüfarzt weitreichende (straf- bzw. zivilrechtliche) Folgen haben, da bei Behandlung entgegen einer verbindlichen Patientenverfügung, eine strafbare eigenmächtige Heilbehandlung vorliegen kann. Dessen Beurteilung erfolgt im konkreten Einzelfall ex post. Ergeben sich eindeutige Widersprüche zwischen Patientenverfügung und studienspezifischen Maßnahmen, ist jedenfalls von diesen abzusehen.

Frage 16: Welche Auswirkungen hat eine Veränderung/Versionsänderung der verwendeten Patienteninformation und Einwilligungserklärung bei klinischen Prüfungen von Arzneimitteln?

Die während der Studiendurchführung verwendete schriftliche Patienteninformation und Einwilligungserklärung muss einerseits immer der aktuellen Version entsprechen und damit ident mit der letzten Version in CTIS bzw. den essenziellen Studienunterlagen (Trial Master File und Investigator Site File) sein. Kommt es im Laufe einer klinischen Prüfung eines Arzneimittels zu einer inhaltlichen Veränderung des Studienprotokolls und in weiterer Folge zu einer genehmigungspflichtigen Versionsänderung des ICF, ist nach dessen Einreichung in CTIS und anschließender Genehmigung durch die zuständigen Stellen (Ethikkommission bzw. BASG) diese neue (die alte ersetzende) Version zu verwenden. Daraus ergibt sich die Notwendigkeit der Einholung eines „Re-Consents“ aller bereits eingeschlossenen Studienteilnehmer, die entsprechend einer älteren Version aufgeklärt wurden. Neben dem reinen Informationszweck für jene, für die sich daraus keinerlei Änderungen hinsichtlich der durchzuführenden Studienmaßnahmen ergeben, sind jedenfalls für all jene, für die sich dadurch neue Studienmaßnahmen ergeben, darüber aufzuklären, da die Einwilligung nur so weit reicht als auch die Aufklärung durchgeführt wurde. Aus Zwecken der Übersichtlichkeit und Beweiserleichterung sei noch formal darauf hingewiesen, dass im ICF nicht nur die fortlaufende Seitenanzahl, sondern auch die Gesamtseitenzahl am Ende einer jeden Seite angeführt werden sollte.
Infobox

Einhaltung ethischer Richtlinien

Interessenkonflikt

P. Köglberger, F. Perschinka, M. Joannidis, N. Stingl und C. Pirklbauer geben an, dass kein Interessenkonflikt besteht.
Für diesen Beitrag wurden von den Autor/-innen keine Studien an Menschen oder Tieren durchgeführt. Für die aufgeführten Studien gelten die jeweils dort angegebenen ethischen Richtlinien.
Open Access Dieser Artikel wird unter der Creative Commons Namensnennung 4.0 International Lizenz veröffentlicht, welche die Nutzung, Vervielfältigung, Bearbeitung, Verbreitung und Wiedergabe in jeglichem Medium und Format erlaubt, sofern Sie den/die ursprünglichen Autor(en) und die Quelle ordnungsgemäß nennen, einen Link zur Creative Commons Lizenz beifügen und angeben, ob Änderungen vorgenommen wurden.
Die in diesem Artikel enthaltenen Bilder und sonstiges Drittmaterial unterliegen ebenfalls der genannten Creative Commons Lizenz, sofern sich aus der Abbildungslegende nichts anderes ergibt. Sofern das betreffende Material nicht unter der genannten Creative Commons Lizenz steht und die betreffende Handlung nicht nach gesetzlichen Vorschriften erlaubt ist, ist für die oben aufgeführten Weiterverwendungen des Materials die Einwilligung des jeweiligen Rechteinhabers einzuholen.
Weitere Details zur Lizenz entnehmen Sie bitte der Lizenzinformation auf http://​creativecommons.​org/​licenses/​by/​4.​0/​deed.​de.

Hinweis des Verlags

Der Verlag bleibt in Hinblick auf geografische Zuordnungen und Gebietsbezeichnungen in veröffentlichten Karten und Institutsadressen neutral.
insite
INHALT
download
DOWNLOAD
print
DRUCKEN
Fußnoten
1
European Medicines Agency, ICH E6 (R2) Good clinical practice—Scientific guideline, URL: https://​www.​ema.​europa.​eu/​en/​ich-e6-r2-good-clinical-practice-scientific-guideline, Zugriffsdatum: 03.12.23.
 
2
Verordnung (EU) Nr. 536/2014 des Europäischen Parlaments und des Rates vom 16. April 2014 über klinische Prüfungen mit Humanarzneimitteln und zur Aufhebung der Richtlinie 2001/20/EG (Text von Bedeutung für den EWR), URL: https://​eur-lex.​europa.​eu/​legal-content/​DE/​TXT/​?​uri=​CELEX%3A32014R0536, Zugriffsdatum: 03.12.23.
 
3
Bundesgesetz vom 2. März 1983 über die Herstellung und das Inverkehrbringen von Arzneimitteln (Arzneimittelgesetz – AMG), URL: https://​www.​ris.​bka.​gv.​at/​GeltendeFassung.​wxe?​Abfrage=​Bundesnormen&​Gesetzesnummer=​10010441, Zugriffsdatum: 03.12.23.
 
4
59. Bundesgesetz, mit dem das Erwachsenenvertretungsrecht und das Kuratorenrecht im Allgemeinen Bürgerlichen Gesetzbuch geregelt werden und das Ehegesetz, das Eingetragene Partnerschaft-Gesetz, das Namensänderungsgesetz, das Bundesgesetz über Krankenanstalten und Kuranstalten, das Außerstreitgesetz, die Zivilprozessordnung, die Jurisdiktionsnorm, das Rechtspflegergesetz, das Vereinssachwalter‑, Patientenanwalts- und Bewohnervertretergesetz, das Unterbringungsgesetz, das Heimaufenthaltsgesetz, die Notariatsordnung, die Rechtsanwaltsordnung, das Gerichtsgebührengesetz und das Gerichtliche Einbringungsgesetz geändert werden (2. Erwachsenenschutz-Gesetz – 2. ErwSchG), URL: https://​www.​ris.​bka.​gv.​at/​Dokumente/​BgblAuth/​BGBLA_​2017_​I_​59/​BGBLA_​2017_​I_​59.​html, Zugriffsdatum: 03.12.23.
 
5
Richtlinie 2001/20/EG des Europäischen Parlaments und des Rates vom 4. April 2001 zur Angleichung der Rechts- und Verwaltungsvorschriften der Mitgliedstaaten über die Anwendung der guten klinischen Praxis bei der Durchführung von klinischen Prüfungen mit Humanarzneimitteln; URL: https://​eur-lex.​europa.​eu/​legal-content/​DE/​ALL/​?​uri=​celex%3A32001L0020, Zugriffsdatum: 03.12.23.
 
6
European Medicines Agency, Clinical Trials Information System, URL: https://​euclinicaltrials​.​eu/​, Zugriffsdatum: 03.12.23.
 
7
European Medicines Agency, URL: https://​www.​ema.​europa.​eu/​en, Zugriffsdatum: 03.12.23.
 
8
Bundesamt für Sicherheit im Gesundheitswesen, Klinische Prüfungen von Arzneimitteln – VO (EU) 536/2014, URL: https://​www.​basg.​gv.​at/​gesundheitsberuf​e/​klinische-studien/​klinische-pruefungen-von-arzneimitteln-vo?​sword_​list%5B0%5D=​2022&​cHash=​31d7c22241423fe1​12657faf76551cd7​, Zugriffsdatum: 03.12.23.
 
9
Verband der pharmazeutischen Industrie Österreichs, Arzneimittelforschung und Entwicklung, URL: https://​www.​pharmig.​at/​arzneimittel/​forschung-entwicklung/​, Zugriffsdatum: 03.12.23.
 
11
KKS Netzwerk Österreich, URL: https://​kks-netzwerk.​at/​, Zugriffsdatum: 03.12.23.
 
12
Österreichische Ärztekammer, Österreichische Ärzteliste, URL: https://​www.​aerzteliste-online.​at/​, Zugriffsdatum: 03.12.23.
 
Literatur
1.
Zurück zum Zitat Klein SJ, Voithofer C, Ganner M et al (2021) Nicht einwilligungsfähige Patienten in der Intensiv- und Notfallmedizin. Wien klin Mag 24:4–11CrossRef Klein SJ, Voithofer C, Ganner M et al (2021) Nicht einwilligungsfähige Patienten in der Intensiv- und Notfallmedizin. Wien klin Mag 24:4–11CrossRef
2.
Zurück zum Zitat Köglberger P, Postl-Kohla B (2022) FAQs zur ärztlichen Aufklärung und Einwilligung. Anästhesie Nachrichten 4:297–301CrossRef Köglberger P, Postl-Kohla B (2022) FAQs zur ärztlichen Aufklärung und Einwilligung. Anästhesie Nachrichten 4:297–301CrossRef
3.
Zurück zum Zitat Köglberger P, Wallner J, Postl-Kohla B (2023) Patient:innenverfügung, Vorsorgevollmacht und Erwachsenenvertretung. Anästhesie Nachrichten 5:114–117CrossRef Köglberger P, Wallner J, Postl-Kohla B (2023) Patient:innenverfügung, Vorsorgevollmacht und Erwachsenenvertretung. Anästhesie Nachrichten 5:114–117CrossRef
Metadaten
Titel
Klinische Prüfungen von Arzneimitteln
FAQs zur ärztlichen Aufklärung und Einwilligung
verfasst von
Dr. Paul Köglberger, PhD LL.M.
Fabian Perschinka
Michael Joannidis
Nina Stingl
Christina Pirklbauer
Publikationsdatum
13.05.2024
Verlag
Springer Vienna
Erschienen in
Wiener klinisches Magazin
Print ISSN: 1869-1757
Elektronische ISSN: 1613-7817
DOI
https://doi.org/10.1007/s00740-024-00532-4